Gutachter erstellen zurzeit neue Lärmkarte für Mülheim. Viel Hoffnung macht die Stadt geplagten Bürgern aber nicht.
Ruhig wird es nie um das Thema Lärm in dieser Stadt. In der Mülheimer Umweltverwaltung ist der Fokus auf den Straßenverkehr gerichtet. Hier sieht sich die Stadt mit reichlich Konflikten konfrontiert, Konflikten zwischen gewachsener Verkehrsinfrastruktur und Gesundheitsschutzinteressen der Bürger. Am Ende des Sommers soll sie fertig sein: eine aktuelle Lärmkarte, die adressengenau Auskunft gibt über die Lärmbelastung.
Schon 2005 hatte die Stadt in einem Pilotprojekt Mülheim flächendeckend hinsichtlich der Lärmbelastung untersuchen lassen. In die Berechnung war seinerzeit Lärm ausgehend von Straßen, Gewerbe, Eisenbahn und Flugverkehr eingegangen. Nun wird noch mal gerechnet; auf neuer Rechtsgrundlage und mit aktuellen Verkehrszahlen.
Umweltamtsleiter Jürgen Zentgraf rechnet damit, dass die beauftragten Gutachter der Kölner Accon GmbH ihre Ergebnisse spätestens im September vorlegen. Vielleicht können sie so noch Thema der Ratssitzung am 6. September sein. Im Anschluss will die Umweltverwaltung eine Betroffenheitsanalyse starten; sprich: Es soll ermittelt werden, wo besonders viele Anwohner besonders starkem Lärm ausgesetzt sind. „Das wird seine Zeit dauern”, sagt Zentgraf. „Wir wollen aber Mitte nächsten Jahres fertig sein, inklusive Öffentlichkeitsbeteiligung und Vorschlag von Maßnahmen.”
Mit grundlegend neuen Erkenntnissen rechnet der Amtsleiter nicht: „Da, wo es vor fünf Jahren laut war, ist es heute auch noch laut”, rechnet er allenfalls mit örtlichen Abweichungen um ein, zwei Dezibel. Hernach gibt es reichlich Bereiche in der Stadt, wo die Werte kritisch sind (über 55 Dezibel), zum Teil erreicht die Belastung gar bis über 80 Dezibel. Bereits 2005 haben die Gutachter festgestellt: Tagsüber ist jeder fünfte Mülheimer „in schon gesundheitsgefährdender Weise durch Lärm betroffen”. Zehn bis zwölf Bürgerbeschwerden landen pro Woche im Umweltamt.
Zwölf Schwerpunktbereiche hat die Stadt seinerzeit ausgemacht, allesamt im Norden Mülheims. Lärmprobleme bereitet insbesondere die A 40 in Heißen und Dümpten, wo Zentgraf von einem „richtigen Lärmteppich” spricht. Sicher dabei ist auch die – überdies mit Feinstaub belastete – Aktienstraße und der Bereich rund ums Rhein-Ruhr-Zentrum.
Betroffene Bürger muss Zentgraf aber enttäuschen: Einen Rechtsanspruch auf öffentliche Maßnahmen gegen Lärm gebe es nicht. Vorhandene Infrastruktur genieße Bestandsschutz. Die Stadt werde aber dort aktiv, wo sie ohnehin in Straßen investiere, etwa bei den sechs Projekten aus dem Konjunkturpaket II. Ein erfolgreiches Beispiel sei die Zeppelinstraße, wo 2006 das Kopfsteinpflaster gegen Asphalt ausgetauscht wurde und damit eine Lärmminderung um 2,5 Dezibel erreicht worden sei. So eine Baumaßnahme bringe im Hörempfinden der Menschen eine Halbierung der Lärmbelastung. Zentgraf will auch ein Projekt aus Berlin prüfen lassen: Die Hauptstadt hat für 65 Kilometer auf stark befahrenen Straßen nachts Tempo 30 eingeführt. Dass man wie Düsseldorf betroffenen Anwohnern Fördermittel für neue Fenster gebe, sei für eine klamme Stadt wie Mülheim wohl nicht drin, so Zentgraf. Eine zu große Erwartungshaltung bei den Bürgern sieht er nicht. „Den meisten ist bewusst, dass wir am Anfang eines Weges sind.”