Michael und Susanne Strauch betreiben ein Geschäft in einem Hinterhof an der Aktienstraße.

Mit einem Quietschen kündigt sich die Straßenbahn an. Der Autofahrer lässt prompt den Motor aufheulen, schnell will er noch vor der Tram abbiegen. Lautstarker Verkehrsalltag auf der Aktienstraße. Doch geht man durch die Toreinfahrt ist die Hektik vergessen. Rote Backsteine und reichlich Grün erwarten den Besucher dort – und vor allem Holz.

Dessen Duft liegt draußen im Hof und drinnen im Gebäude in der Luft, macht den Straßenmief vergessen. Doch Michael Strauch riecht „das Holz seit etwa 15 Jahren nicht mehr”. Für ihn gehört das Ambiente zum Arbeitsalltag: Er ist der Inhaber von Holz und Rahmen Vogt, einem Geschäft im Hinterhof.

Kletterrosen wachsen an der urigen Fassade hoch, Stockrosen blühen in verschiedenen Rottönen. Wein hängt in dicken Ranken vom hölzernen Spitzdach der Scheune, wuchert an den Wänden entlang und um hölzerne Kunstwerke herum. Wie das große, blaue Symbol, das wie ein chinesisches Schriftzeichen aussieht und an der Backsteinwand hängt. Ein rotes und ein gelbes Zeichen stehen zudem noch im Schaufenster, alle sind die Werke von Ren Rong und auf dem Hof der Firma Vogt entstanden.

Auch der Pinguin, der über der Toreinfahrt hängt, und Sonne, Mond und Sterne über der Tür zum Büro wurde an der Aktienstraße von Klaus. D. Schiemann ausgesägt. Werke von Heiner Schmitz-Schmelzer, von Christine Lehmann, von Anne Goi finden sich zudem auf nur wenigen Quadratmetern. Etwa 50, 60 Künstler, schätzt Michael Strauch, haben auf dem Firmengelände Inspiration gefunden und Arbeiten hinterlassen. „Friedebert Reihl hatte hier mal seinen Shed – bis sich die Nachbarn beschwert haben, dass es zu laut ist.” Das dürften aber nicht die direkten Hofnachbarn sein: Das Vogt-Gelände endet nämlich dort, wo der Hof der Feuerwehr beginnt. Und die machen bekanntlich selbst genug Alarm. Doch auch die Sirenen nimmt Michael Strauch „seit Ewigkeiten nicht mehr bewusst wahr. Ich bin hier groß geworden, ich kenne das nicht anders.”

Denn es war Strauchs Großonkel Carl Josef Vogt, der das Unternehmen 1937 gründete und später an Strauchs Mutter vererbte. Schon als Kind spielte der gelernte Kaufmann also auf dem Hof: „Bis Mitte der 70er Jahre sah das aber hier noch ganz anders aus. Damals wurde jeder Grashalm noch entfernt, der Ordnung halber.” In den 60er Jahren entstand dann auch das scheunenartige Holzhaus, das heute Lager für Bretter und Platten und Latten und Leisten ist und auch die stetig kreischende Wandsäge beherbergt.

Strauchs Vater setzte in den 70er Jahren die Pflanzen und brachte auch die erste Kunst-Deko an: ein Kreuz, das er aus Schrott anfertigte und aktuell nur halb unter dem Wein zu sehen ist. „Im Herbst und im Winter sieht man das besser”, sagt Strauch, der das viele Grün aber aus eben diesem Grund nicht mehr missen möchte: „Man sieht daran den Rhythmus der Jahreszeiten so schön.”

Doch mit dem Rhythmus der Jahreszeiten kommt auch der Rhythmus der Gartenpflege. Besonders im Frühling bedeutet das für Michael und Susanne Strauch, die meist drinnen im ersten Stock im Ausstellungs- und Rahmungsbereich werkelt, viel Arbeit. „Man muss schon frühzeitig zurückschneiden, damit nicht alles überwuchert”, sagt Susanne Strauch und zeigt zum Beweis auf eine Weinranke, die durch die Mauer am Fenster vorbei nach drinnen gewachsen ist. „Innerhalb von einem Wochenende” könne das schon mal passieren. Aber das ist ein kleiner Preis für eine schöne, grüne Arbeitsatmosphäre, die sie beide nicht tauschen möchten.