Arbeitnehmervertreter: Familienfreundlichkeit ist in Unternehmen nicht selbstverständlich. Ein positives Beispiel ist allerdings die Firma Turck: Das Bündnis für Familie zeichnete nun das Unternehmen aus.

Thorsten Evers mit Bild von Frau Diana und Tochter Marielle (6). Evers arbeitet im Unternehmen Turck, das nun als familienfreundlicher Betrieb ausgezeichnet wurde. Foto : Andreas Köhring
Thorsten Evers mit Bild von Frau Diana und Tochter Marielle (6). Evers arbeitet im Unternehmen Turck, das nun als familienfreundlicher Betrieb ausgezeichnet wurde. Foto : Andreas Köhring © Andreas Köhring

Thorsten Evers ist 41 Jahre, steht bei der Hans Turck GmbH & Co. KG mit beiden Beinen im Berufsleben, ist verheiratet und glücklicher Vater. Beide Elternteile gehen arbeiten. Für ihre sechsjährige Tochter Marielle wollen sie im Notfall auch kurzfristig da sein. Bei Turck kein Problem: „Wenn die Kurze krank ist, muss ich keine Pamphlete ausfüllen. Ich darf sofort reagieren und den Arbeitsplatz verlassen”, sagt Thorsten Evers, Produktspezialist Druck/Temperatur. Diese Flexibilität wurde nun ausgezeichnet: Das Mülheimer Bündnis für Familien verlieh dem Familienunternehmen Turck das Prädikat „Familienfreundlicher Betrieb”. Denn Familienfreundlichkeit ist nicht selbstverständlich und noch lange nicht in jeder Unternehmerphilosophie verankert.

Friedhelm Hundertmark, Leiter des Bezirks Duisburg der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie: „Es gibt viele Betriebe, in denen Familienfreundlichkeit leider noch gar keine Rolle spielt.” Denn von Familienfreundlichkeit zu sprechen, sei einfach, so Henrike Greven, ver.di-Bezirksgeschäftsführerin in Mülheim-Oberhausen. Aber: „Es ist leider nicht normal, dass nach der Elternzeit dann in Teilzeit wieder gearbeitet werden kann.”

Sehr gute Ansätze in seinem Unternehmen sieht der Betriebsratsvorsitzende der Siemens AG, Pietro Bazzoli. Er lobt die vielfältigen Angebote, die von Beratung und Vermittlung von Kinderbetreuungsangeboten über Regelung von Elternzeit bis hin zu flexiblen Arbeitszeiten reichen: „Das heißt aber nicht, dass man sich nicht noch verbessern könnte.” Und er denkt dabei an den Bereich Krippenplätze für Kinder ab zwei Jahren.

Bazzoli würde es begrüßen, wenn Siemens Kindergartenplätze für die Kinder von Mitarbeitern reservieren würde. Und er lenkt den Blick auch weg von den Kindern hin auf die Großfamilie: „Immer mehr Familien pflegen ihre Angehörigen zu Hause. Und auch dort werden wir in Zukunft mehr Unterstützung brauchen.”

In der Wirtschaftskrise trennt sich die Spreu vom Weizen, da ist sich Henrike Greven sicher: „Solange es sich nicht beißt, wird Rücksicht auf die Familie genommen.” Aber in umsatzschwachen Zeiten gebe es andere Prioritäten: „Dann entscheiden sich viele Unternehmen rein für die betrieblichen Interessen.” Der Krisenproblematik in seinem Unternehmen ist sich auch der Geschäftsführender Gesellschafter Ulrich Turck bewusst. In der Automobilindustrie sitzt ein Großteil seiner Kunden: „Wir erleben raue Zeiten. Aber wir wollen nicht von unseren Prinzipien abweichen.”

Ulrich Turck setzt in einem Unternehmen gleich auf mehrere Modelle: individuell vereinbarte Arbeitszeit, Teilzeit oder Einarbeitungsprogramme für den Wiedereinstieg. Zudem sind die Kinder im Betrieb gerne gesehen. Manche Kinder essen gar regelmäßig in der betriebseigenen Kantine, andere sind in Meetings dabei.

Und als besonderes Bonbon arbeitet das Unternehmen mit einer ganz speziellen Prämienregelung: „Die Kinderprämie toppt jede Jubiläumsprämie”, sagt Ulrich Turck. „Das habe ich gerne von den Gründern des Hauses übernommen. Die Keimzelle unserer Kultur ist nun einmal die Familie.”

Diese Aussage kann Thorsten Evers nur unterschreiben. Seine „Kleine”, wie Evers seine Tochter liebevoll nennt, hat bei Turck von dem kultivierten Umgang mit Familien schon oft profitiert.