Mülheim. . Am Siemens-Standort Mülheim sind Hunderte Stellen in Gefahr. Am Montag will der Konzern die Mülheimer Mitarbeiter über das Ausmaß des Personalabbaus informieren. Unbestätigt bleibt, ob in Mülheim und Görlitz gar 1200 Jobs auf der Streichliste stehen.
Der größte Arbeitgeber in der Stadt lässt seine 4800 Mitarbeiter derzeit nicht mehr ruhig schlafen: Bei Siemens droht ein umfangreicher Stellenabbau, der Hunderten Mitarbeitern den Job kosten könnte. Für Montag um 14 Uhr ist kurzfristig eine Mitarbeiterversammlung in der RWE-Sporthalle anberaumt worden. Dann wollen Führungskräfte aus dem Konzern offenlegen, was die Stunde geschlagen hat.
Es geistert die Zahl 1200 durch die deutschen Medien. So viele Jobs sollen laut Insidern, die aus der Wirtschaftsausschusssitzung des Konzerns am vergangenen Dienstag berichteten, allein an den Werksstandorten Görlitz (Gasturbinen) und Mülheim (Dampfturbinen- und Generatorenproduktion, Gasturbinen-Entwicklung) auf der Streichliste stehen. Erwartet wird bei Siemens insgesamt ein noch größerer Stellenabbau. 11 600 Arbeitsplätze weltweit seien vom Konzernumbau betroffen, so Siemens-Chef Joe Kaeser zuletzt.
Kommt der große Knall?
Jetzt schweigt gar der Betriebsratsvorsitzende von Siemens Mülheim. Ein Zeichen für Eiszeit, die angebrochen ist beim deutschen Vorzeigekonzern.
Jetzt brodelt es in der Gerüchteküche. Die Suppe am Ende auslöffeln müssen die Mitarbeiter. Eine unerträgliche Situation für sie und ihre Familien. Was wird aus meinem Job? Was wird aus dem größten Siemens-Standort in Nordrhein-Westfalen?
Knall auf Fall hatte zuletzt schon die neue Energy-Chefin Lisa Davis per Zeitungsinterview klar gemacht, dass familiäres Miteinander wohl nicht mehr allzu groß geschrieben wird im Konzern, der sich zu tiefgreifenden Strukturumbrüchen auch im Energiebereich genötigt sieht, obwohl etwa die Mülheimer Turbinenschmiede in den vergangenen Jahren prächtige Renditen abgeworfen hat. Wie war das noch mal? Mensch vor Marge?
Mitarbeiter ohne Informationen
Siemens-Mitarbeiter von den Mülheimer Standorten an der Rhein- und an der Mellinghofer Straße kennen diese Information bis dato nur aus entsprechenden Medienberichten. „Wir haben bis jetzt überhaupt noch keine Informationen“, klagte am Freitag ein Service-Mitarbeiter im Gespräch mit dieser Zeitung. Ohnehin habe Siemens vor einem Vierteljahr schon damit begonnen, Stellen nach dem „Gießkannenprinzip“ zu streichen. Im Service sei das Ziel ausgegeben worden, über alle Bereiche rund 200 Stellen einzusparen, selbst vollausgelastete Abteilungen wie „Modernisation & Upgrade“ müssten nun mit weniger Personal auskommen. Ausgeschiedene Mitarbeiter würden nicht ersetzt, Werkverträge nicht verlängert.
„Es kommt einiges auf die Belegschaft zu“, sagt ein anderer, im Betrieb gut vernetzter Alt-Siemensianer. Ende der 90er-Jahre waren in Mülheim schon einmal 850 bis 900 Stellen gestrichen worden. „Ich halte die jetzige Situation für schwieriger“, sagt dieser mit Blick auf die schwierige Marktsituation für das Kraftwerksgeschäft in Zeiten der Energiewende.
Betriebsrat zugeknöpft wie nie
Ein Siemens-Sprecher wollte am Freitag die Zahl von 1200 vakanten Jobs in Mülheim und Görlitz weder bestätigen noch dementieren. Aus dem Unternehmen heraus gab es aber auch ein Signal, dass die Zahl „deutlich zu hoch“ gegriffen sei. Pietro Bazzoli, Betriebsratsvorsitzender am Standort Mülheim, gab sich zugeknöpft wie nie. Er wollte nicht mal die Versammlung am Montag bestätigen, zu der der Siemens-Sprecher sagt: „Die Betriebs- und Unternehmensleitung wird die Mitarbeiter dann ausführlich über geplante Personalanpassungen und ein Bündel von Maßnahmen informieren.“