Wenn Käthe und Annegret, Klaus, Arnold und all die anderen auf Klassenfahrt sind, verirrt sich keiner im Wald. Es wird auch niemand wegen wilden Feierns nach Hause geschickt – zumal kein Lehrpersonal die Gruppe begleitet.
Doch regelmäßig geht der Abschlussjahrgang 1948 (bis, kriegsbedingt, 1950) der Schule an der Bruchstraße gemeinsam auf Tour. Die diesjährige „Klassenfahrt”, wie die erwachsenen Herrschaften ihre Ausflüge nennen, war eine Stadtrundreise in nostalgischer Tram. Über Styrum, Dümpten, durch den Tunnel unter der Ruhr, Endstation: Bürgergarten, wo der bunte Nachmittag in ein Abendessen überging. Gegen 20 Uhr drängte es jedoch auch die letzten nach Hause. Der Tag „war gut”, lobt Irmhild Schlegel, die nach der Schule Verkäuferin in einem Lederwarengeschäft wurde. Besser als ihre Rheinfahrt vor Jahren nach Xanten: Da hätten sie nämlich hinter einem Schiff mit Gefahrgut vor der Schleuse stundenlang festgehangen. „Pech”, sagt die 74-Jährige, „die Zeit fehlte dann für das übrige Programm.” Diesmal waren es 19 Ehemalige plus Anhang, die sich erwartungsfroh am MVG-Betriebshof an der Duisburger Straße einfanden. Alle im besten Rentenalter zwischen 73 und 74 Jahren. Ungeachtet dessen ist zumindest einer der Anwesenden noch berufstätig, teilweise: der Maschinenbauingenieur und Herausgeber eines Fachmagazins, Herbert H. Ludwig. Vierundsiebzig. Er kommt aus Düsseldorf, die meisten wohnen näher. Es gibt aber auch Ehemalige, die leben in Frankfurt oder wohnen ländlich im Westerwald. Es sind zwei Leute, die diese Treffen seit nunmehr zwölf Jahren organisieren, die Fäden in der Hand halten: Margret Voßkühler-Oelschläger („Es hat zwei Jahre gedauert, bis wir sie alle hatten”) und Hans Egon Wagener, der die Fahrziele vorschlägt und die Statistik führt. Wann sie sich wo schon überall getroffen haben (jetzt gerade zum 20. Mal), wer alles dazugehört, mit Geburtsname, Telefonnummer. Aus zwei früheren Parallelklassen hat er 24 Frauen in der Liste und 17 Männer – von denen, dies am Rande, vier Herren Horst heißen. Bei den Bruchstraßenleuten läuft es so: Jährlich im März sieht man sich beim Klassentreffen, traditionell im Bürgergarten, wo dann die nächste Reise geplant wird. Gestartet wird meist ein Vierteljahr später. Die erste Fahrt sei bislang die beste gewesen, findet Wagener. 2003 ging es in den Westerwald, zu einer Klassenkameradin, die dort in einem kleinen Dorf lebt: „Die hatte sogar eine Kapelle bestellt, das war natürlich eine Spitzenfahrt.” Ideen für die nächsten Aktionen hat er auch schon: „Ich könnte mir eine Tagestour zu einem Musical vorstellen, ruhig auch nach Bremen oder Hamburg.” Allerdings gilt für die Klassenfahrten der ehemaligen Schüler: Übernachtet wird nicht. „Einige Ältere”, sagt Wagener, „oder die sich schon älter fühlen, möchten lieber in ihrem eigenen Bett schlafen.” Auch das kennt man von manchen Schülertouren anders.