Drei aktive Mülheimer Frauen gründeten den Verein „Deutsch-Russisches Kulturzentrum, Kultura“ vor nun 20 Jahren. Tamara Strijewskij, die mittlerweile verstorbene Sinaida Naikis und Dagmar van Emmerich initiierten den Kulturverein, der den Austausch und das Kennenlernen unter den Menschen fördert. „Und die Einwanderer aus den ehemaligen Sowjetstaaten in Mülheim willkommen heißen sollte“, erinnert sich die erste Vorsitzende, Jelena Filatov. Der Verein sei bis heute offen für alle Menschen, die Veranstaltungen, Vorträge oder Kurse ebenfalls.

Dagmar van Emmerich hatte schon kurz nach dem Atomunglück in Tschernobyl ihre gleichnamige Initiative gegründet. Und als Anfang der 90er-Jahre mehr und mehr Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion nach Mülheim kamen, stand sie dem neuen Kulturverein ebenfalls gerne vor. Es kamen viele „Deutsch-Russen“, aber seit 1991 auch zahlreiche „Kontingentflüchtlinge“: Juden und Menschen mit jüdischen Vorfahren aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion erhielten die Möglichkeit zur Einreise.

„Viele von ihnen sind hochgebildete Akademiker aus dem technisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Zahlreiche Ärzte sind darunter, deren Ausbildungen erst viele Jahre später anerkannt wurde“, so der Zweite Vorsitzende Herbert Kaiser. „In unserem Verein ging es immer um wechselseitige kulturelle und historische Verständigung und Aufklärung“, erklärt der ehemalige Germanistikprofessor. Er hält seit Jahren im Verein Vorträge zur deutschen und russischen Literatur und Kultur. Ehefrau Hedi leitet den 14-tägigen Deutsch-Konversationskurs in der Diakonie am Eck. Beide interessieren sich für die russische Sprache, unterstützen den Verein nach Kräften.

Jelena Filatov lobt das riesige Engagement von Dagmar van Emmerich und dankt der Stadt für die finanzielle Unterstützung. Für die ehemals 100 und aktuell rund 60 Mitglieder sei der Verein ein wichtiger Ort der Integration und des persönlichen Austausches. Bereits bei Kindern ab dem Kindergartenalter fördere man die sprachliche und musische Entwicklung. Musikerin Jelena Filatov unterrichtet seit vielen Jahren Russisch in der VHS und an der Otto-Pankok-Schule. Dorthin kommen die Schüler aus vielen Mülheimer Schulen, „um nachmittags ihre Muttersprache zu erlernen oder aufzufrischen“, so die Pädagogin.

Für die Zukunft würde sich der Verein über neue deutsche oder russischstämmige und vor allem auch jüngere Mitglieder sehr freuen, so Jelena Filatov. „Die biologische Uhr arbeitet leider gegen uns!“ Herbert Kaiser hält den wichtigsten Vereinszweck für nachhaltig erfüllt. Die Menschen seien hier angekommen. Nahezu alle sprächen oder verstünden gut Deutsch. Die zweite Generation sei in Schule und Ausbildung erfolgreich. Sie sei voll integriert, viele junge Menschen seien zudem sehr interessiert an der alten Heimat ihrer Eltern.