An der Spitze des Katholikenrates, der als Laiengremium die 51 751 Mülheimer Katholiken veritt, vollzieht sich am 24. September ein Stabwechsel. Der Vorsitzende Wolfgang Feldmann gibt sein Ehrenamt nach zwölf Jahren ab. Im Gespräch mit der NRZ zieht er Bilanz und blickt nach vorn.

Warum geben Sie Ihr Amt auf?

Feldmann: Ich finde es besser aus freien Stücken und zu einem Zeitpunkt zu gehen, an dem die Meisten sagen: „Schade, dass er schon geht.“ Man sollte kein Amt zu lange inne haben und es damit überstrapazieren. Denn neue Leute bringen wieder neue Ideen und Impulse mit. Das gilt für die Kirche ebenso wie für die Politik oder die Wirtschaft.

Gibt es denn schon einen potenziellen Nachfolger?

Den gibt es, auch wenn ich mich gefreut hätte, eine Nachfolgerin zu bekommen. Über Namen spreche ich nicht, aber die Mitglieder der Vollversammlung des Katholikenrates werden nicht auf ihre Schnürsenkel schauen und sagen müssen: Hoffentlich fragt mich keiner.

Was war das einschneidendste Erlebnis Ihrer Amtszeit?

Das war sicher die Gemeindeumstrukturierung des Jahres 2006, als drei Mülheimer Großpfarreien entstanden und die mittlere Ebene der Stadtkirche wegbrach.

Sind damals Fehler gemacht worden?

Dass wir damals das katholische Jugendamt und die hauptamtliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eingespart haben, halte ich auch heute noch für einen Fehler. Hier ist die evangelische Kirche erheblich professioneller aufgestellt.

Was verbuchen Sie auf Ihrer Haben-Seite?

Ich bin stolz darauf, dass ich mit dazu beitragen konnte, dass wir in Mülheim keine Kirche abgerissen haben. Die beiden Kirchen, die aufgegeben wurden, haben als Caritas-Zentrum St. Raphael und als Urnenkirche Heilig Kreuz eine sinnvolle Nachfolgenutzung gefunden. Außerdem freue ich mich, dass wir als Katholikenrat mit dazu beitragen konnten, dass wir seit 2004 eine katholische Ladenkirche haben. Menschen, die in keine Kirche und in kein Pfarrbüro kommen würden, finden dort einen niederschwelligen Zugang und immer jemanden finden, mit dem sie über ihre Probleme sprechen können. Da wird auch ehrenamtlich gute Seelsorge geleistet. Als wertvolle Initiative des Katholikenrates sehe ich es auch, dass wir mit dem Barbaramahl in der Stadthalle 2012 mehr als 13 000 Euro für die örtliche Hospizarbeit sammeln konnten. Außerdem haben wir mit unserem Neujahrs- und Arbeitnehmerempfang wichtige Foren geschaffen, in denen katholische Kirche öffentlich zu aktuellen Themen Stellung nehmen und mit den Akteuren der Stadtgesellschaft ins Gespräch kommen kann. Das gilt auch für unser Engagement im interreligiösen Dialog, das mit dafür gesorgt hat, dass wir in Mülheim zwischen den Religionen Frieden haben.

Wie sehen Sie die Zukunft der Stadtkirche?

Ich glaube, dass wir in zehn bis 15 Jahren nur noch eine Pfarrgemeinde in Mülheim haben werden und das wird St. Mariae Geburt sein. Verwaltungstechnisch ist das machbar. Aber die Seelsorge muss weiterhin vor Ort geleistet werden. Dabei werden engagierte Gemeindemitglieder, wie in Lateinamerika, eine größere Rolle spielen müssen.

Wird es diese engagierten Laien dann auch noch geben?

Da bin ich zuversichtlich, wenn ich sehe, wie viele junge und gut ausgebildete Menschen sich engagieren, obwohl wir als Kirche ein Wellental durchschreiten, weil wir durch Skandale an Glaubwürdigkeit verloren haben. Aber Menschen suchen in ihrem Leben Sinn und Orientierung und wir haben eine frohe Botschaft, die wir aber glaubhaft und mutig vertreten müssen. Wir müssen vom Sitzungskatholizismus zur praktizierten Nächstenliebe kommen. Wir sollten im Alltag einfach mehr füreinander da sein und aufeinander aufpassen.

Wie sehen Sie die Kirchenaustritte?

Ich glaube, dass viele Menschen, die aus der Kirche austreten, schlagzeilenträchtige Skandale nur als Vorwand nutzen, um Geld zu sparen. Sie vergessen dabei, dass Kirche auch mit Hilfe von Kirchensteuern, etwa bei der Caritas, in Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern, wichtige Arbeit leistet. Sicher haben Einzelne in der Kirche auf schlimme Weise versagt. Trotzdem wehre ich mich immer vehement gegen eine pauschale Verurteilung der Kirche.