Geistlichen Besuch bekommt so ein handfester Betrieb wie die Auto-Obermann GmbH in Heißen wohl eher selten, aber die Herren verstanden sich auf Anhieb: Dem emeritierten Weihbischof Franz Grave und Mülheims Stadtdechant Michael Janßen liegen jene Jugendliche am Herzen, die noch auf ihre Chance auf dem Arbeitsplatz warten. Und Firmenchef Heinz Obermann hat in seinem langen Berufsleben so manchem jungen Mann die Chance gegeben, zu zeigen, was wirklich in ihm steckt. Auch, wenn die Zeugnisse oder die Biografie nicht immer so ganz perfekt waren.
241 Jugendliche waren im August in Mülheim noch ohne Ausbildungsplatz, 47 davon mit einem Hauptschulabschluss. Grave, der sich in seiner aktiven Zeit als Weihbischof viel für junge Menschen eingesetzt hat, bereitet dies Sorge. „Ohne qualifizierte Ausbildung ist die Perspektive für junge Menschen eher düster. Wo Arbeit fehlt, gerät das Lebenshaus ins Wanken“, so Grave. Zusammen mit Jürgen Koch, Leiter der Arbeitsagentur Mülheim /Oberhausen, besuchten die Geistlichen einen Betrieb, bei dem die Ausbildung einen hohen Stellenwert einnimmt: 100 Beschäftigte hat die Auto-Obermann GmbH, zwölf junge Männer sind dort in Ausbildung. Acht im ersten Lehrjahr, zwei mehr, als ursprünglich geplant. Franz Grave würde sich wünschen, dass es mehr Unternehmen gäbe, die „eine Schüppe drauf tun“, also möglicherweise auch über Bedarf ausbilden. Das wollen die Priester demnächst auch im Gottesdienst ansprechen (siehe Infokasten). Die Ausbildungsquote liege im Schnitt bei fünf bis sechs Prozent, so Agenturchef Koch: „Da liegt Obermann drüber.“
Bürokaufleute, Speditionskaufleute, Mechatroniker, Automobilverkäufer bildet Obermann aus, demnächst, weil Bedarf da ist, auch noch Berufskraftfahrer. Praktikanten sind gerne gesehen, zwei junge Männer sind gerade im Jahrespraktikum: einen Tag in der Woche.
Heinz Obermann ist ein Chef alter Schule, der großen Wert auf Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit legt, der sagt: „Mit mir kann jeder reden.“ Seine „Jungs“, einige mit Migrationshintergrund, haben die Ausbilder im Betrieb als Ansprechpartner bei Sorgen und Fragen. „Man muss“, so Obermann, „Leute haben, die auch ein Feedback geben“. Das Stichwort für Agenturchef Koch, der von den wichtigen „Kümmerern“ im Betrieb spricht. Dass die Ausbilder nicht nur Fachwissen vermitteln müssten, betont Grave. In der Belegschaft gibt es keine hohe Fluktuation. „Wer zu uns passt, ist über Jahre hier,“ betont der Chef, und dass man das nach einem halben Jahr Probezeit wüsste. Das Vorurteil, dass viele, die keinen Ausbildungsplatz fänden, kein Lust hätten, kann Obermann nicht pauschal bestätigen. Einig sind sich der Unternehmer und der em. Weihbischof: „Eine gute Ausbildung ist ein Kapital für den Betrieb.“