In der offenen Frage des Parteivorsitzes läuft in der SPD alles auf den 56-jährigen Ulrich Scholten hinaus. „Ja, ich will das, und ich kann das“, bestätigte Scholten gestern auf Anfrage. Das sieht die Partei bislang auch so. Am Montag stellte sich der Arbeitsdirektor bei Salzgitter-Mannesmann dem Parteivorstand vor, gestern folgte die Vorstellung im weit größeren Unterbezirksausschuss, dem höchsten Gremium zwischen den Parteitagen, dem Ortsvereinsvorsitzende und Vertreter der Arbeitsgemeinschaften angehören. Kritik wurde von keiner Seite laut, auch Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld hatte ihre Zustimmung zu der Personalie erkennen lassen.

Damit wäre das Personaltableau an der Spitze der 2000-Mitglieder-Partei nach dem Rücktritt von Lothar Fink im Frühjahr wieder komplett. Vorausgesetzt, Scholten wird gewählt. Das Verfahren dazu ist jetzt festgelegt. Ein Wahl-Parteitag Ende November soll die endgültige Entscheidung treffen.

Mühlenfeld hatte als kommissarische Vorsitzende bei einem Parteitag im Juli die Gesamtpartei zum Nachdenken und zur Bewerbersuche aufgerufen, dabei aber auch ein Anforderungsprofil festgelegt. Lebens-, Berufs- und Führungserfahrung im Allgemeinen, Ämtererfahrung in der Partei im Besonderen, wirtschaftliche Unabhängigkeit, Reputation in der und eine Vision für die Stadt, das waren die Eckpunkte.

Auf Scholten treffen sie zu: Seit 1973 in der SPD, seit 1975 in Mülheim, seit 1999 im Rat der Stadt, Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtmarketinggesellschaft MST, das sind die Stationen, zu der 2002 fast ein Bundestagsmandat hinzugekommen wäre. In der parteininternen Vorauswahl unterlag Scholten hauchdünn gegen Anton Schaaf. Nur auf Visionen wird man vielleicht noch etwas warten müssen. Scholten definierte auch in den internen Runden zuerst die Probleme; als da wären der Mitgliederschwund und eine fehlende strategische Gestaltungsmehrheit im Rathaus. „Wie wir das am besten angehen, werden wir als Partei nur gemeinsam herausfinden“, sagte Scholten im Gespräch.

Mehr Zeit für die Partei

Die Antwort entspricht seinem Naturell. Das Scheinwerferlicht ist ebenso wenig seine Domäne gewesen wie die fixe Baukasten-Antwort. Aber er kennt die Partei, und die Partei kennt ihn. Was an öffentlicher Präsenz und Tatendrang noch fehlt, will Scholten aus einem neuen Zeitreservoir schöpfen. „Meine beiden Kinder sind jetzt erwachsen. Das verschafft mir mehr Luft“, sagt er. 20 Stunden pro Woche gehen für das Ehrenamt eines SPD-Vorsitzenden durchaus drauf, und oft genug abends oder am Wochenende.

Scholten war nicht der einzige, der sich in der Partei gedanklich mit dem Vorsitz beschäftigte, letztlich aber lagen Ende voriger Woche, dem inoffiziellen Ende der Erklärungsfrist, keine anderen Bewerbungen auf dem Tisch. Beim letzten Treffen des Ortsvereins Eppinghofen, dessen Vorsitzender Scholten ist, hatte auch Bundestagsabgeordnete Arno Klare, der zur Verfügung gestanden hätte, offen auf eine Kandidatur zu Gunsten Scholtens verzichtet.

Was der SPD jetzt noch fehlt, ist ein Bewerber oder eine Bewerberin für das Oberbürgermeister-Amt. Amtsinhaberin Dagmar Mühlenfeld lässt weiter offen, ob sie nochmal antritt. Honig lässt sich in diesem Punkt aus der Personalie Scholten nicht saugen. Mühlenfeld hatte schon im Juli erklärt, dass die Frage des Parteivorsitzes von der der Kandidatur völlig unabhängig ist.