Familienstadt, von diesem Attribut ist Mülheim meiner Meinung nach meilenweit entfernt, schreibt Frauke Reichwein.
– Es fängt mit der Schwierigkeit an, einen adäquaten Betreuungsplatz für sein Kind zu finden, egal ob über oder unter drei. Es kann sein, dass man sein Kind täglich in einen ganz anderen Stadtteil zur Kita bringen muss. Ich bin berufstätig und habe vier Kinder, doch selbst für das vierte Kind war es schwierig, einen Kita-Platz im eigenen Stadtteil zu bekommen. Meine ersten drei Kinder waren in einer Kita, die baufällig war und eigentlich auf Grund der baulichen und brandschutztechnischen Mängel geschlossen werden sollte, und dies schon vor zwei Jahren. Da eine Verlegung der Kita in einen Stadtteil geplant war, der für mich schlecht zu erreichen ist, habe ich meine Jüngste in einer anderen Einrichtung in meinem Stadtteil angemeldet, dadurch entfiel mein Geschwisterbonus. Mit Glück und Ausdauer habe ich hier dann nach mehreren Schreiben an die Kita-Leitung und die Stadt einen Platz bekommen. Die baufällige Kita ist allerdings bis heute nicht umgezogen, trotz aller Mängel, was auch erahnen lässt, welchen Stellenwert Kinderbetreuung in Mülheim hat....
– Die Betreuungszeiten in den Kitas sind recht unflexibel. Gerade für die U3-Kinder wäre es sinnvoll, wenn man sie auch für einzelne Wochentage und nicht nur für 25, 35 oder 45 Stunden anmelden könnte.
– Besonders für diese Altersgruppe ist auch das Konzept „Early Excellence“, das in den städtischen Kitas in Mülheim durchgezogen wird, völlig ungeeignet. Es erschwert die Eingewöhnung der Kinder, da es keine festen Gruppenstrukturen gibt, die gerade für so kleine Kinder enorm wichtig sind. Ein weiteres Manko sind die hohen Kosten, die der Kita Besuch hier für die Eltern mit sich bringt, besonders wenn man bedenkt, dass dieser in der Nachbarstadt Düsseldorf kostenfrei ist. Das nächste Problem für Eltern kommt mit dem Schulbesuch. Aufgrund des in den ersten Grundschuljahren häufig kurzen Unterrichts ist man wieder auf Betreuung angewiesen. Hierfür gibt es an unserer Schule die acht bis eins-Betreuung oder die offene Ganztagsschule von 7 bis 16 Uhr. Da für viele Eltern 8 bis 13 Uhr knapp zu wenig ist, melden diese ihr Kind für die OGS an. Was auf den ersten Blick gut klingt, entpuppt sich leider als ein rigides System, in dem die Eltern geradezu gezwungen werden, ihre Kinder bis 16 Uhr in der Schule zu lassen, auch wenn sie an einigen Tagen die Möglichkeit hätten, die Kinder früher abzuholen oder auch gar nicht dort zu lassen, weil sie vielleicht Teilzeit arbeiten und die Kinder an manchen Tagen selbst betreuen können. Das ist in meinen Augen die Krönung der Familienunfreundlichkeit, dass man nicht mal die Flexibilität hat, eine Betreuung so zu nutzen, wie man sie benötigt, sondern erzwungene Zeiten einhalten muss. Letztlich ist man ja auf den Betreuungsplatz angewiesen, da man sonst auch keine Möglichkeit der Ferienbetreuung über die OGS nutzen kann.