Das Schuljahr beginnt, Versetzungszeugnisse stehen also erst in zwölf Monaten wieder an. Doch Mülheim könnte im Hinblick auf ein Thema schon jetzt eine gute Note bekommen: 52 Prozent der Schüler mit einer Lern- oder Entwicklungsstörung werden an einer Regelschule unterrichtet. Eine gute Quote - die vor allem in Hinblick auf den Verlauf der bisherigen Diskussion über diese Frage Beachtung verdient. Die Inklusion, also die Möglichkeit, dass Kinder, die bisher aufgrund ihrer Behinderung eine Fördereinrichtung besucht haben, nun in einer Regelschule unterrichtet werden, treibt schon seit Monaten Lehrerkollegien und -gewerkschaften, aber vor allem die Schulverwaltung um. Während von der einen Seite vor allem viel Skepsis zu hören war, hatte die andere einen Stichtag im Auge. Und der war gestern: Seither besteht ein Rechtsanspruch. Allerdings schien auch klar: Anspruch und Wirklichkeit werden sich nicht so schnell angleichen - zu wenig Lehrer, Probleme mit den Räumlichkeiten. Kurz: Schwierigkeiten über Schwierigkeiten.
Gute Quote
Doch Mülheim kann nun ein positives Ergebnis vorweisen: Tatsächlich konnten die Kinder, deren Eltern eine Unterbringung in der Regelschule gewünscht haben, auch einen solchen Platz bekommen.
„Der Elternwille ist der Maßstab“, sagt Schulrätin Heike Freitag. Allerdings müsse immer der genaue Einzelfall geprüft werden: „Jedes Kind ist anders. Wir haben deswegen ausführliche Gespräche mit jedem Elternpaar geführt. Und uns auch mit dem bisherigen Klassenlehrer unterhalten. Denn was passend heißt, stellt sich bei jedem Kind unterschiedlich dar: In einem Fall ist wichtig, dass die Schule barrierefrei ist. Bei einem anderen Kind spielt eine Rolle, dass Geschwister bereits die Schule besuchen. Auch die Nähe zum Wohnort soll möglichst berücksichtigt werden. „Natürlich ist es nicht immer passgenau“, so Freitag. Aber mit der Quote von 52 Prozent liege die Stadt in jedem Fall über dem landesweiten Durchschnitt. Schuldezernent Ulrich Ernst führt den Erfolg auf das hohe Engagement in allen Schulformen zurück. Der Inklusionsfrage habe man sich tatsächlich überall gestellt. „Das ist nicht selbstverständlich.“
Auch Rückkehr ist möglich
Schließlich: Wenn sich in dem einen oder anderen Fall herausstellt, dass doch der Unterricht in einer Förderschule besser sei, dann ist auch eine Rückkehr möglich.
371 Kinder mit Lern- und Entwicklungsstörungen besuchen eine Regelschule, 338 der insgesamt 709 betroffenen Schüler eine Förderschule.