Mülheim.. Kleider, Schuhe, Spielzeug und Paletten voll Porzellan: Das Projekt „Willkommen in Mülheim“ wuchs innerhalb kürzester Zeit zu einem großen Hilfsnetzwerk heran. Das Warenhaus für Flüchtlinge soll noch bis Oktober bestehen.

Neulich kam eine Tafel aus Süddeutschland an, zwei üppig bestückte Schultüten trudelten per Post aus Wuppertal ein – hinzu kommen hunderte gespendete Kleider, Spielsachen, Schuhe oder Küchengeräte aus Mülheimer Haushalten. Nach nur wenigen Wochen ist das Warenhaus für Flüchtlinge an der Boverstraße 28 zum Musterbeispiel der Hilfsbereitschaft herangewachsen. Das Angebot wird dringend gebraucht und gut angenommen.

Manchmal können Stimmungen auch ins Positive kippen. Darüber ist Initiator Reinhard Jehles froh. Zunächst hatte es in Broich nämlich reichlich Skepsis über die Einrichtung der Flüchtlingsunterkunft im Hildegardishaus gegeben. Dem wollte er entgegen wirken und gründete eine eigene Facebook-Gruppe: „Willkommen in Mülheim“ (WIM). Zunächst ging es darum, Spenden für eine irakische Flüchtlingsfamilie zu sammeln. „Innerhalb weniger Stunden zählte die Gruppe über 200 Mitglieder, am Ende des Tages hatte ich drei Kühlschränke vor der Tür stehen“, erinnert sich Jehles. Mittlerweile hat die Gruppe über 300 Mitglieder. Und plötzlich war es möglich, auch den anderen Flüchtlingen zu helfen – in den kommenden Wochen und Monaten werden es insgesamt 500 Menschen sein, die in der Ruhrstadt vorübergehend ein neues Zuhause finden.

Spenden in Abteilungen sortiert

Nach der Berichterstattung meldete sich Ileanne Bichler bei Jehles, die helfen wollte und dafür ihr zur Zeit leerstehendes Ladenlokal „Haus Klever“ an der Boverstraße kostenlos zur Verfügung stellte. „Es macht Spaß zu erleben, wie selbstlos gespendet wird“, sagt sie. In der ehemaligen Gaststätte haben die Helfer Kleider, Geschirr und Gläser, Schuhe und Spielzeug in Abteilungen sortiert. Auf der Theke tragen sich die Besucher mit Namen ein und bekommen dafür Wertmarken. So wie eine Familie aus Syrien, die nun eine eigene Wohnung beziehen darf. Mutter und Vater suchen sich einige Sachen zusammen: Toaster, Teller, Gläser. Die beiden Kinder dürfen sich Puppen und Kuscheltiere in die Tüten packen. „Wir müssen natürlich schauen, an wen wir die Sachen geben – schließlich tragen wir Verantwortung den Spendern gegenüber“, sagt Bichler. Ein solches Projekt lebt eben von Ehrlichkeit. „Aber wir entwickeln ein Gespür dafür, wer wirklich Hilfe braucht.“

Das WIM-Projekt ist zeitlich begrenzt. Bis Oktober soll das Warenhaus betrieben werden. Was danach mit übrigen Sachen passiert, stehe noch nicht fest, sagt Jehles, dem es längst nicht mehr nur um materielle Hilfe geht. Er will Sprachrohr sein, denen eine Lobby geben, „die unter schwersten Bedingungen zu uns gekommen sind“. Denn Stimmungen, weiß er, können schnell wieder kippen.

Auch Flüchtlinge helfen mit

Gespendet werde aus allen Schichten, sagt Reinhard Jehles – erstaunlich, wie viel die Leute geben: „Etwa eine 500 Kilo schwere Palette Porzellan.“ Und kistenweise Bücher. „Die können wir nicht so gut gebrauchen.“ Solche Spenden werden an andere soziale Einrichtungen weitergeleitet. Größere Möbelstücke gehen an das Diakonische Werk an der Georgstraße und auch Unternehmen helfen aus.

Glücklich sind Jehles und Bichler auch über die Hilfe von Mustafa und Dilber Ali. Die Geschwister flohen vor drei Jahren aus Syrien nach Deutschland. „Wir sprechen arabisch und kurdisch und können übersetzen“, sagt der gelernte Schneider Mustafa, der zur Zeit Arbeit sucht. Dreimal in der Woche hilft er mit seiner Schwester ehrenamtlich im Warenhaus. „Ich kenne die Probleme, mit denen die Menschen zu kämpfen haben.“ Das seien vor allem sprachliche Barrieren.