Mit Zahlen ist es eine Krux. Sie scheinen Wirklichkeit zu sein, stimmen aber selbst dann nicht immer mit der Wirklichkeit überein, wenn die Berechnungen korrekt sind. Mit dem Betreuungsangebot für Kinder und kleinste Kinder könnte es sich genauso verhalten, jedenfalls wenn man Franziska Krumwiede zuhört.

Die 28-Jährige ist Ratsfrau der Grünen, kommt aber hier nicht deswegen zu Wort. Vielmehr ist sie auch berufstätig und erwartet in Kürze ein Kind. So traf sie die Zahl, die wir kürzlich über die Betreuungssituation berichteten, sozusagen persönlich. Für 33 Prozent der unter Dreijährige hat die Stadt demnach einen Platz im Angebot, 45 Prozent sind „in Kürze“ angestrebt, die Warteliste umfasst stadtweit nur 50 Eltern.

Also alles im Lot?

Krumwiede meint Nein. Sie vermutet, ähnlich wie Lydia Schallwig vom Jugendamt, dass sich viele Eltern nicht als suchend melden, weil es ohnehin an einem wohnortnahen Angebot fehlt. Sie beschreibt ihre Situation so:

„Die Begründung für die rosige Situation in Mülheim erschließt sich mir nicht: Wenn ich ein U3-Betreuungsangebot in meinem Stadtteil hätte, würde ich es nutzen. Habe ich aber nicht. Ich informiere mich also in anderen Stadtteilen. Ich komme bestenfalls auf die Warteliste. Ich soll mir überlegen, ob ich erstens meine Tochter ab Mai 2015 von Holthausen nach Winkhausen fahren möchte. Oder ob ich zweitens lieber zwei Jahre auf meine Tätigkeit als selbstständige Lehrerfortbilderin und die Arbeit an meiner Promotion verzichten möchte. Ich möchte beides nicht. Wenn ich bei „Wünsch dir was!“ wäre, wünschte ich mir, ich könnte meine Tochter zwei- bis dreimal die Woche im Kinderwagen zu einem wohnortnahen Betreuungsplatz schieben, um an diesen Tagen zu arbeiten. In bin ich aber nicht bei „Wünsch dir was!“, sondern bei 33-Prozent-nicht-wohnortnah. Der positive Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt hilft da wenig weiter.

Und noch eins stößt mir auf. Die Statistik sagt, dass alle Erzieherinnen auf ihrem Arbeitszeitkonto jeweils zwei variable Stunden hätten. Deswegen seien Schwangerschaftsvertretungen kein Problem. Aber: Beim Praxisforum „Inklusion im Elementarbereich“, das im Juni 2014 in der Stadthalle stattgefunden hat, durften die Erzieherinnen in einem Workshop auf einem Plakat Stichpunkte zu den Fragen nennen: „Was macht mich ärgerlich?“ und „Was frustriert mich oder macht mir Sorgen?“ Auf beide waren die häufigsten Antworten „Mangelnder Personalschlüssel“, „keine Personalreserven“, „zu wenig Personal“.

Es gibt also offensichtlich auch eine Diskrepanz zwischen dem statistischen und dem gefühlten Personalmangel.

Fazit: Als junge Mutter, die Familie, Karriere und Ehrenamt unter einen Hut bekommen will, wünsche ich mir überall die Möglichkeit eines wohnortnahen Betreuungsangebotes. Erst dann kann ich sagen: Ich finde das Betreuungsangebot in Mülheim gut.“