Kurz vor dem Beginn des Ausbildungsjahres gibt es nicht nur Suchende, die keine Lehrstelle finden, sondern auch Ausbildungsplätze, für die die Agentur für Arbeit bisher keine geeigneten Bewerber vermitteln konnte und die sie deshalb mit der NRZ vorstellt. Einen solchen Platz hat der seit 33 Jahren selbstständige Hörgeräteakustikermeister Werner Heinen zu vergeben.

„Es gibt in ganz Deutschland keinen arbeitslosen Hörgeräteakustiker“, sagt Heinen. Deshalb bildet er seinen eignen Nachwuchs auch selbst aus. Damit hat er gute Erfahrungen gemacht. Zwei seiner ehemaligen Lehrlinge haben inzwischen ihren Meister gemacht und einer hat nach der Ausbildung und einigen Jahren im Beruf ein Ingenieurstudium absolviert und arbeitet nun in der Entwicklungsabteilung eines großen Hörgeräteherstellers.

„Diese Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung sind für mich genauso interessant wie die erfreuliche Aussicht, dass ich nach einer erfolgreichen Ausbildung hier weiterarbeiten kann“, sagt Markus Kock, der im zweiten Ausbildungsjahr bei dem in Stadtmitte, Heißen und Saarn ansässigen Hörgeräteakustiker arbeitet.

Wie ihn fasziniert seine Kollegin Lara tom Suden, die im ersten Ausbildungsjahr ist, die Vielseitigkeit des Berufs. Sie lässt sich nach einem abgebrochenen Studium der Elektrotechnik und einem freiwilligen sozialen Jahr in der Altenpflege zur Hörgeräteakustikerin ausbilden, weil sie miterlebt hat, „wie überglücklich alte Menschen sind, wenn sie wieder besser hören können.“

Verkauf und Beratungsgespräche gehören ebenso zu den Inhalten der dreijährigen Ausbildung wie das Erstellen, Anpassen und Reparieren von Hörgeräten. „Hier kann man nicht nur handwerklich arbeiten, sondern auch mit und für Menschen“, beschreibt tom Suden die gleichermaßen soziale und technische Ausrichtung ihres Berufes.

Unter den fachkundigen Blicken ihres Chefs hat sie bereits ihre ersten Ohrplastiken aus Kunststoff kreiert. In Heinens Werkstatt müssen auch die Azubis löten, schweißen und fräsen. Auch Kollege Computer und moderne Software kommen zum Einsatz, wenn Hörgeräte auf Schäden untersucht oder an den aktuellen Bedarf der Kunden angepasst und nachjustiert werden müssen.

Sich auf Neues einlassen können

„Wir setzen nichts voraus, erwarten aber die Bereitschaft, dass Auszubildende bereit und in der Lage sind, neues Wissen aufzunehmen und sich im Gespräch vor allem auf die Bedürfnisse älterer Menschen einzulassen“, betont Heinen.

Aus seiner eigenen Berufserfahrung weiß der 58-Jährige, dass es für Hörgeräteakustiker zunächst einmal darum geht, das Vertrauen ihrer Kunden zu gewinnen, damit sie ihre innere Hemmschwelle überwinden und über ihre Hörprobleme offen sprechen. Oft gehen zwei bis drei Monate und viele einfühlsame Gespräche ins Land, ehe Kunden das richtige Hörgerät oder auch das Telefon, Handy oder den richtigen Kopfhörer für sich gefunden haben.

Obwohl die Mehrheit der Kunden zur älteren Generation gehören, haben es die neun Mitarbeiter und demnächst hoffentlich vier Auszubildende bei Heinen immer öfter auch mit jungen Kunden zu tun, die sich bei Rockkonzerten oder in der Diskothek eine Schwerhörigkeit zugezogen haben. „Junge Leute haben weniger Probleme damit, sich mit einem Hörgerät helfen zu lassen,“ weiß Heinen. Dabei hört er von älteren Kunden oft: „Wenn ich ein Hörgerät bekomme, sehen ja alle, dass ich alt bin.“ Dabei haben die meisten modernen Hörverstärker heute den Charme, dass sie im Ohr verschwinden und auf den ersten Blick gar nicht sichtbar sind.