Im September beginnt das neue Ausbildungsjahr. Wer jetzt noch keine Lehrstelle hat, hat nicht mehr viel Zeit und sollte im Zweifel die professionelle Hilfe der Agentur für Arbeit und des U25-Hauses suchen. Darüber, ob es auch in diesem Jahr gelingen kann, fast alle ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen mit einer Berufs- oder Qualifizierungsperspektive zu versorgen (s. Kasten) wagt man weder bei der Agentur für Arbeit noch im U-25-Haus eine Prognose, ist aber zuversichtlich. Das U25-Haus kümmert sich im Verantwortungsbereich der Sozialagentur um die Vermittlung von Arbeitsplätzen.

„Eigentlich sehen die Ausbildungsmarktzahlen gar nicht so schlecht aus. Denn den 403 Jugendlichen, die derzeit in Mülheim einen Ausbildungsplatz suchen, stehen 353 offene Stellen gegenüber“, erklärt Katja Hübner von der Agentur für Arbeit. Dennoch weiß sie, dass die Rechnung nicht so einfach aufgeht: „Es ist nicht so, dass es keine Interessenten für die ausgeschriebenen Lehrstellen im Verkauf, im Einzelhandel oder als Bankkaufmann, Industrie- oder Zerspanungsmechaniker gäbe. Aber oft passen die Erwartungen der Ausbildungsbetriebe und die Vorstellungen der Bewerber einfach nicht zusammen.“

Wie du kommst gegangen...

Wie ihre Kolleginnen im U25-Haus machen die Berufsberater der Agentur für Arbeit immer wieder die Erfahrung, dass es nicht nur schlechte Noten, sondern manchmal auch schlechte Manieren oder zumindest ein unglückliches Auftreten der Bewerber ist, das eine Bewerbung scheitern lässt. „Wir sind natürlich darauf angewiesen, dass die Unternehmen, die uns unterstützen, mit den Bewerbern positive Erfahrungen machen und nicht die Lust verlieren, Praktika zu vergeben und auszubilden“, betont die für das U25-Haus zuständige Bereichsleiterin der Sozialagentur Heike Gnilka.

„Pünktlichkeit, Höflichkeit und Zuverlässigkeit stehen bei vielen Jugendlichen nicht unbedingt an erster Stelle“, räumt Fallmanagerin Stefanie Hahn ein. „Viele Schüler, die einen Ausbildungsplatz suchen unterschätzen, dass der Erfolg einer Bewerbung mit dem ersten Eindruck steht und fällt. Und der fängt schon beim Bewerbungsfoto an. Ein mit dem Smartphone gemachtes Portrait oder eine Bewerbung mit Rechtschreibfehlern gehen gar nicht“, weiß Hannah Leitzen, die im U25-Haus das achtköpfige Team der Übergangsbegleiter leitet.

„Auf der Seite der Arbeitgeber ist die Lage sehr differenziert. Da gibt es Unternehmen, die noch mehr Potenzial hätten, Jugendliche auszubilden und andere Unternehmen, die fast über die Grenzen ihrer Möglichkeiten hinausgehen, weil sie händeringend Fachkräfte brauchen. Manche Arbeitgeber achten bei der Einstellung sehr konventionell auf die Noten. Für sie ist eine 4 oder eine 5 in Mathematik oder Deutsch ein No Go. Bei anderen gelingt es uns, die Persönlichkeit der Bewerber in den Vordergrund zu stellen und ihnen die Chance auf ein Praktikum zu vermitteln“, beschreibt Nicole Weyers ihre Arbeit zwischen Kommunikation und Klinkenputzen. Sie kümmert sich mit ihrer Kollegin Jasmin Förster im U25-Haus um die Gewinnung von Ausbildungsplätzen.

Dabei setzt man im U25-Haus nicht nur auf persönliche Begleitung, Beratung und Überzeugungsarbeit, sondern auch auf Betriebsführungen, bei denen Arbeitgeber ihre Firmen den Bewerbern vorstellen und mit ihnen ins Gespräch kommen können oder auf eine Ausbildungsmesse, die am 28. August in der Stadthalle wieder Betriebe und Bewerber zusammenbringt.

Besonders bedauerlich finden es Weyers und ihre U25-Kollegin Leitzen, dass viele Realschüler mit guten Noten lieber weiter zur Schule gehen wollen, als ihre guten beruflichen Ausbildungschancen zu nutzen. „Sie übersehen leider, dass sie mit einem guten mittleren Schulabschluss oft bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben als mit einem höheren Schulabschluss und eher mäßigen Noten“, betont Leitzen und lobt ausdrücklich die an den Hauptschulen vorbildliche, weil besonders frühzeitig einsetzende Berufsorientierung. Auch der 19-jährige Edwin Gertzen, der zurzeit am Berufskolleg Stadtmitte seinen Hauptschulabschluss macht, weiß die Hilfestellung im U25-Haus zu schätzen: „Ich bin zwar erst in einem Jahr mit der Schule fertig, beginne aber hier und mit professioneller Unterstützung jetzt schon damit, einen Ausbildungsplatz als Industriemechaniker zu suchen.“