Gesittet geht es beim Public Viewing im evangelischen Gemeindehaus in Styrum zu - bis zur70. Minute. Dann stößt so mancher Stoßgebete aus - und darf am Ende jubeln: Ehre sei der deutschen Elf!

Gibt es einen Fußball-Gott? Die etwa 120 Fans im evangelischen Gemeindehaus an der Albertstraße glauben das nicht nur - nein, sie wissen es! Gelobt sei Mats Hummels! Und Pfarrer Michael Manz ruft nach dem Sieg der Deutschen fröhlich „Halleluja!“ in die Runde.

Doch zurück zum Anfang des Fußballkrimis: Im ehrwürdigen Gemeindesaal ist ein kunterbuntes Trüppchen aufgelaufen. Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren. Eine junge Frau hat eine schwarz-rot-goldene Schleife auf dem Kopf , ein junger Mann ist in eine große Fahne gehüllt, viele haben sich Deutschland-Flaggen auf die Wagen gemalt. Und der Team-Chef der Gemeinde? Er trägt das aktuelle Deutschland-Trikot mit der Aufschrift „Pfaffe“ auf dem Rücken. Nicht elf, sondern zwölf Helfer schmeißen mit ihm zusammen das lustige Rudelgucken. Sorgen dafür, dass die Technik funktioniert und geben Frikadellen und Würstchen mit Kartoffelsalat aus.

Beim Tor in der 13. Minute wird so mancher erst richtig warm, die Stimmung in der Halbzeitpause ist entspannt. „Das ist bisher in Ordnung, es könnten aber noch ein paar Treffer folgen“, kommentiert Christian Krusenbaum, der auf 3:0 getippt hat. Und Nils (14), der mit vier anderen Jugendlichen hier ist, meint: „Beide Mannschaften sind gut, das wird noch spannend.“

So heiß wie am Zuckerhut ist es hier an der ...kirche nicht, aber schwül - und bei einigen läuft der Schweiß. Nur vom Zugucken, denn auch in der zweiten Hälfte geht es im Zuschauerraum ruhig und gesittet zu. Ob Löw unseren Jungs in der Kabine eine Predigt gehalten hat? Das glaubt eigentlich keiner hier. „Wir sind doch gut!“.

Ab der 60. Minute bleibt die Kirche dann doch nicht mehr im Dorf. „Schießt ein Tor!“, singen einige. „Neuer, unser Neuer!“, grölen andere. Schürrles Einwechselung wird beklatscht, auch Götze erntet Anfeuerungsrufe und so manche gute Aktion des deutschen Teams wird nun mit Trötentönen belohnt. Der Adrenalinspiegel bei allen Zuschauern steigt. Die letzten acht Minuten werden laut heruntergezählt, dann wird heftig gejubelt: „Wir ham et geschafft!“.

„Bombastisch war’s, megaspannend“ , findet Britta (25), die noch ganz rote Wangen hat. „Jetzt kommen wir ins Endspiel“, prophezeit Tobias Neuhäuser. Pfarrer Manz ist froh, dass kein Gegentor mehr gefallen ist. „Sonst hätte ich die Betablocker rausholen müssen“, scherzt er. Aber Gott sei Dank, es gilt: Ehre sei ... unserer Elf.“