Für Josef Prinz war es ein beeindruckendes Erlebnis. Nach den Gottesdiensten am Wochenende erklärte der Pfarrer von St. Mariä Himmelfahrt seiner Gemeinde, dass das seit Februar leer stehende Hildegardishaus nun für den Übergang an die Stadt und damit an bis zu 70 Flüchtlinge vermietet werde (die NRZ berichtete). „Und wissen Sie was“, erzählt Prinz, „da gab es in allen fünf Kirchen, in denen ich das berichte habe, schallenden Applaus.“ Pfarrer Prinz findet das angemessen. „Zu helfen ist unsere Pflicht.“ Zehn Freiwillige haben sich spontan gefunden, die wissen wollen, was sie tun können, wenn in Kürze und bis Oktober die ersten Asylsuchenden und Flüchtlinge kommen.

Die Erfahrung aus Broich macht Sozialdezernent Ulrich Ernst Hoffnung, dass es in Styrum ähnlich zugehen könnte.

Dort, an der Gustavstraße, will die Stadtverwaltung in dauerhafterer Weise Platz für Flüchtlinge schaffen, für fünf Jahre statt für fünf Monate und für mehr als in Broich. 140 Menschen könnten in den Häusern Unterkunft finden, die der städtischen Wohnungsgesellschaft SWB gehören. Sie waren seit vorigem Jahr zum Abriss vorgesehen, lassen sich aber für eine halbe Million Euro, wie Interims-Geschäftsführer Hendrik Dönnebrink schätzt, zügig als würdige Unterkünfte herrichten.

Gestern informierte die Stadtverwaltung die Fraktionen des Stadtrates über diese Lösung und hofft nun rasch auf die notwendigen Beschlüsse. „Wir stehen in der Situation, eine Antwort geben zu müssen“, sagte Ernst gestern bei der Präsentation der Pläne. Sowohl die Aufnahme von Flüchtlingen (s. Kasten) als auch die dafür anfallenden Kosten sind aus Sicht der Stadt unabweisbar. 2,5 Millionen Euro müsste die Stadtkasse binnen fünf Jahren letztlich an Miete an den SWB überweisen. Viel Geld, aber weniger als bei anderen Lösungen.

Die Unterbringung in Containern oder der Umbau alter Schulgebäude war natürlich erwogen worden, aber all das ist leicht um den Faktor drei teurer als es die Gustavstraße sein wird. Die ist, wie auch Frank Buchwald vom städtischen Immobilien-Service sagte, „die beste Alternative“. Dass sie in Styrum liegt, ist Zufall.

Anfang des Jahres hatte sich eine Zunahme an Flüchtlingen abgezeichnet. Um die 150 waren es in Summe in den letzten Jahren, 450 sind es heute. Immer noch eine „sehr überschaubare Zahl“, wie Ernst findet, aber eben eine, die mit der weiteren Belegung einzelner Wohnungen nicht mehr zu lösen gewesen wäre. 70 hat die Stadt momentan schon angemietet, 50 davon beim SWB. Nach einem Aufruf in der vorigen Woche kamen noch einmal drei, vier private Angebote dazu. Ausreichend ist das alles nicht.

Jetzt aber entstehen Möglichkeiten, für die Ernst auch der Kirchengemeinde „außerordentlich dankbar“ ist. Erstens ist der Zeitdruck weg, weil das Hildegardishaus praktisch sofort bezugsfertig ist. Und zweitens eröffnet sich die Chance, Flüchtlinge nach ihren Voraussetzungen und im fließenden Übergang unterzubringen. Konkret: Für manche kommt der Verbleib in Wohnungen gut in Frage, für andere ist die Unterbringung in einem größeren Verbund sinnvoller, der immer noch die Möglichkeit der familiären Abgeschlossenheit bietet. Ernst will diese Chance durch intensive Betreuung nutzen. Die hilfreichen Angebote aus Broich spielen da ebenso eine Rolle wie das Evangelische Flüchtlingsreferat und vier zusätzliche Sozialarbeiter, um die er schon bei Kämmerer Bonan gebeten hat. In Kürze wird es die ersten inhaltlichen Gespräche über die Betreuung geben, denn klar ist, wie es Prinz sagte: „Wir dürfen diese Leute nicht allein lassen.“ Sie nicht und die anderen, die unerwartet Nachbarschaft bekommen, ebenfalls nicht, wie Ernst ergänzte.