Ein intensiver Geruch liegt in der Luft. Nach Frühling, wie wenn man Blätter zwischen den Fingern reibt. Es ist eigentlich ein schöner Duft. Aber viele wird er an jene Nacht erinnern, als der Sturm Christian über das Ruhrgebiet, Mülheim und das eigene Dach fegte. „Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich richtig Angst hatte“, sagt Renate Tümp. Von ihrem Wohnzimmer aus hatte sie über die breite Terrassenfront das frisch gebaute Gartenhäuschen im Blick und fürchtete, dass es den Windkräften nicht werde Stand halten können. Da wurde alles mögliche durch die Gegend gewirbelt. Rund um den Heißener Markt sind die Verwüstungen des Sturmes besonders drastisch. Hier soll am Wochenende das Weinfest gefeiert werden und der Markt heute frische Produkte anbieten. Die Heißenerin ist zuversichtlich, dass alles seinen gewohnten Gang nimmt.

Um Mitternacht stand sie dann in jener Nacht, wie sie erzählt, im Nachthemd vor der Tür, um erleichtert festzustellen, dass nichts passiert war. Nur ein paar Dachpfannen hatten sich gelöst. Aber was ist das schon im Vergleich zu ihrem Nachbarn ein paar Häuser weiter an der Honigsberger Straße, dem zwei entwurzelte Bäume aufs Dach stürzten? „Da helfen sich plötzlich Nachbarn, die sich zuvor nicht einmal gegrüßt haben“, stellt Tümp erfreut fest. Der Geist der Solidarität.

„Wenn ich Pech habe, muss alles von der Regenrinne an aufwärts neu gemacht werden“, sagt Georg Schröer und macht dabei noch einen recht munteren Eindruck. „Ja, was soll ich denn sonst tun ?“, fragt er, als er darauf angesprochen wird. Ungeschehen machen könne man es ohnehin nicht mehr. Die Lockerheit ist auch Selbstschutz. Was er allerdings nicht verstehen kann, erklärt er dann: Es waren städtische Bäume, die umgefallen sind, bezahlen soll die Entfernung des Baumes allerdings er, beziehungsweise seine Versicherung, wie ihm Stadtdirektor Frank Steinfort gesagt habe, der am Morgen vorbei gekommen sei. „Die Stadt macht es sich da einfach“, beklagt er. Angerückt ist jetzt eine Spezialfirma aus Hagen.

Die Straße ist gesperrt, der Hubsteiger fährt nach oben, ein Mitarbeiter setzt die Säge an und kurz darauf knallt wieder ein Holzbrocken, der durch ein straffes Seil gesichert ist, krachend auf den Straßenboden. Schröer war mit seiner Frau während des Sturms im Haus. „Ich dachte ein Ast fällt gegen das Dach“, erzählt er. Als er ins Obergeschoss eilte, sah er wie die Dachgaube verrutschte. Fast gleichzeitig krachte ein zweiter Baum gegen den Anbau. Vor der Tür ist durch die kräftigen Wurzeln der Asphalt hochgedrückt worden. Durch die breiten Furchen rann das Regenwasser und drückte durch ein Leitungsloch in den Keller der Schröers. Der Matsch stand dann dort zentimeterhoch.

Am Hingberg parkten gestern immer noch einige Fahrzeuge, die unter mächtigen Bäumen begraben waren. An der Honigsberger Straße waren die Parkstreifen dagegen frei. „Die sind schon abgeholt worden“, sagt Tümp. Neben der Kirche hat ein umgekippter Baum die Straßenlaterne mitgerissen. An einigen Häusern sind Fassadentafeln oder Verkleidungen der Balkone abgerissen. An der Käseglocke kommen immer wieder prall gefüllte Ziehharmonika-Busse an.

Unnötiges Nadelöhr

Die Busfahrer mussten am Mittag teilweise noch Slalom fahren. Am Nachmittag waren die zersägten Stämme und die Äste weitgehend an den Fahrzeugrand gezogen worden, um die Fahrbahn in beiden Richtungen frei zu halten. Weiter in Richtung Rhein-Ruhr-Zentrum blieben zwei Nadelöhre in Höhe der Haltestelle Eichbaum, die jeweils eine Fahrtrichtung blockierten. Da sie dicht beisammen lagen, staute sich hier der Verkehr immer wieder. Eigentlich unnötig. Im ersten Fall handelte es sich zwar um einen mächtigen Stamm, im zweiten dagegen nur um dickere Äste, die man zu zweit oder dritt in wenigen Augenblicken beseitigen könnte.

Ganz in der Nähe hängt auch noch ein mächtiger Ast locker im Baum. Die Astgabelung ist auf einen anderen Ast gerutscht und wird gehalten - bis zur nächsten Böe. So etwas dürfte kein Einzelfall sein.