Der neue Stadtrat ist gewählt, der alte geht. Neue Gesichter tauchen auf, altbekannte verschwinden. Oft saß mancher über Jahrzehnte in dem kommunalen Parlament. Diesmal verlassen viele den Ratssaal, an die man sich gerne erinnert, weil es oft Originale waren und sind. Diese Elf „spielt“ künftig nicht mehr für die Mülheimer Politik. . .
1 Der Schlagfertige. Wolf Hausmann brachte so einen Wiener Charme in den Rat. Seit 1999 saß er für die FDP im Rat, war dort der planungspolitische Sprecher. Komplexes konnte er kurz machen, so dass es jeder verstand. Der gebürtige Österreicher war aber auch schlagfertig. Er nannte Sitzungen auch schon mal „Quasselbude“, wenn nichts dabei herauskam. Immer in Erinnerung bleibt der von ihm kreierte „Mülheim-Faktor“, hieß: Egal, was in der Stadt geplant und gebaut wird, am Ende ist alles immer viel teurer. Er behielt leider oft Recht, so auch bei der Sanierung des historischen Rathauses. Auf die Kostenexplosion hatte er schon verwiesen, als noch kein Stein bewegt worden war.
2 Die Fröhliche. Politik mochte noch so trocken sein, wenn es etwa um die 27. Satzung zur Änderung der Genehmigung von was auch immer ging – Renate aus der Beek brachte stets etwas Fröhliches mit in die Stadtpolitik, ob im Rathaus oder draußen vor Ort. Dabei war die Bürgermeisterin und Umweltpolitikerin aus der SPD keineswegs ein Pausenclown. Sie setzte sich immer wieder für ein Gemeinschaftsgefühl und eine Stadt zum Wohlfühlen ein: „Nichts ist schlimmer, als wenn man in eine Stadt kommt und sich dort nicht wohlfühlt.“ Nach 16 Jahren im Stadtrat sagte sie bereits vor Monaten: Es sollen Jüngere ran. Sie sagte es mit einem Lächeln.
3 Der Rechner. Ich hätte ihn mir gut auch als Mathematiklehrer in der Oberstufe eines Mülheimer Gymnasiums vorstellen können. Wilfred Buß war oder ist ein Mann der Zahlen. Der analytische Kopf der SPD-Fraktion, der sich treffsicher auch noch an Zahlen, Daten und Fakten erinnern konnte, als andere längst googeln mussten. Buß war ein exzellenter Haushaltspolitiker, einer, der aber nie besserwisserisch daherkam. Er trat nie von oben herab dozierend auf, auch wenn oft das, was er sagte, lehrreich war – selbst für die Verwaltungsspitze, die in ihm einen echten Kontrolleur hatte. Für die SPD-Fraktion ist sein Ausscheiden nach 27 Jahren ein herber politischer Verlust an Erfahrung im immer schwieriger werdenden politischen Alltag.
4 Der Ausgleichende. Manches Urgestein verlässt Politik freiwillig. Hubert Niehoff von den Grünen gehört dazu. In den 80er Jahren war er sachkundiger Bürger, mischte auf Landesebene in der Energiepolitik mit, kam in den 90er Jahren in den Rat, war zwischendurch mal wieder draußen und in der jüngsten Ratsperiode wieder dabei. In Mülheim gehörte er über Jahre zu den führenden Umweltpolitikern, allerdings nicht von der lauten Sorte. Auch wenn er den Flächenfraß anprangerte, der Mülheims Markenzeichen, das Grün, immer weiter auszufransen drohte, blieb er der Ruhige: Als Vorsitzender des Umweltausschusses moderierte er parteiübergreifend – für den Betrachter häufig eine wohltuende Art.