„Käfer, Crash & Capri-Batterie“ zeigt auf 80 Arbeiten, wie Künstler die Technik sehen. Seit der Moderne dominiert der skeptische Blick. Viele Arbeiten sind sehr humorvoll. Die Ausstellung wird am Samstag eröffnet.
Der Kontrast zur Macke-Ausstellung im Kunstmuseum könnte kaum größer sein. Nach der Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies, wie die Ausstellung hieß, folgt nun der Künstler-Blick auf die Technik. Es ist ein facettenreicher Blick, der mal die Technik feiert, mal einen ironischen Blick auf sie wirft, dann aber auch auf kritische Distanz geht. Vergleichbar mit Macke ist allerdings die Qualität, auch wenn sich die modernen Werke nicht als so zugkräftig erweisen sollten.
Es sind Arbeiten, die seit den 20er Jahren entstanden sind, als Künstler vermehrt begannen, sich ein Bild von der der Technisierung des Alltags zu machen. Käfer im Titel bezieht sich auf die eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Fotos, die Peter Keetmann 1953 von der VW-Fertigung machte: Geschwungene Bleche, Lichtreflexe, strenger Bildaufbau – sie sind mehr als nur ein Dokument der Fließbandarbeit im Wirtschaftswunder. Crash das sind absurd wirkende Unfallbilder von Arnold Odermatt, entstanden vor der Schweizer Bergwelt. Sie wurden auf der Biennale von Venedig 2001 gefeiert. Durch den Un- oder auch Störfall wird der Glaube an technische Unfehlbarkeit, der von Ingenieuren geschürt wird, erschüttert. Capri Batterie ist eine Utopie von Joseph Beuys, der Natur und Technik versöhnt. Schon Mitte der 80er Jahre wird er zum Propheten der Energiewende. Dabei greift er auf Alltagsgegenstände zurück: eine Zitrone, die die Sonne des Südens getankt hat, betreibt eine gelbe Glühbirne.
Die Werke stammen aus der Sammlung des Ingenieurs Hans Peter Schiffer, die am Kunstmuseum in Heidenheim beheimatet ist. Im Gegenzug wird in Süden eine Zille-Ausstellung mit Werken aus Mülheim zu sehen sein. Unter den jetzt präsentierten Werken sind auch viele aus NRW, die das Interesse von Museumschefin Beate Reese weckten: Von den Wassertürmen von Bernd und Hilla Becher, über Anton Stankowski bis zu den vermenschlichten Maschinen von Konrad Klapheck. „Jedem, der das Kind in sich spürt, wird die Ausstellung gefallen“, ist sich Reese sicher. „Sie hat etwas Spielerisches.“ Spätestens, wenn man zu Horst Pommerenkes Zeichenmaschine kommt. Hier baumelt ein Filzstift von der Decke, der angetrieben von vier Ventilatoren, die an den Ecken aufgestellt sind, seine Linien auf einem Blatt Papier hinterlässt. Dabei entstehen interessante Knäule mit einem Kraftfeld in der Mitte. Die fertigen Blätter, alle Unikate, die ein Werk des Zufalls sind, werden für 10 Euro im Museumsshop verkauft. Es erinnert ein wenig an das automatischen Zeichnen der Surrealisten.
Mehrere Objekte werden durch die Anwesenheit der Besucher ausgelöst: Aus einer Box piept es plötzlich, wenn man sie passiert, und ein Windrad beginnt mit den Flügeln zu schlagen. Und der silberne Verstärker von Siegfried Kreitner, dessen Knöpfe sich wie von Geisterhand drehen, quietscht.
„Das Rad der Zeit“ von Lorenz Lachauer wird zu einer richtigen Uhr: Es steht auf dem Kopf, die Hinterradfelge fungiert, versehen mit einem hölzernen Zahnkranz, als Uhrwerk, am Pendel baumelt das Ritzel und in der Vorderradgabel steckt der Zeiger. Wie bei einer Kuckucksuhr muss der Mechanismus aufgezogen werden, wobei ein Pflasterstein als Gewicht dient.
Der Danieldüsentrieb der Kunstgeschichte ist Panamerenko, der wiederholt auch an der Documenta teilgenommen hat. Der belgische Ikarus, wie man den 1940 geborenen Visionär nennen könnte, ist ein phantasievoller poetisch-anarchischer Erfinder von Fortbewegungsmitteln. Sie vermitteln die alte Sehnsucht des Menschen vom Fliegen, Hindernisse zu überwinden und dem Wunsch nach Schwerelosigkeit. Eine Skizze und ein Modell seines Unterseebootes sind im Museum zu sehen. Angetrieben wird das so ähnlich wie ein Tretboot mit Pedalen und am Heck ist eine riesige Schwanzflosse befestigt. Der Künstler hat es wie andere Objekte selbst nachgebaut. Ein Video dokumentiert, wie ernsthaft er zu Sache gegangen ist, aber auch sichtlichen Spaß am Scheitern gehabt hat. Ironisch vom Scheitern des Menschheitstraumes erzählt auch Dieter Roth in seiner Skulptur „Ins Meer“: Im Karton, der mit blau gefärbter Zuckermasse gefüllt ist, liegt ein bunt bemaltes Blechspielzeug.
Die Ausstellung (bis 17. August) wird am Samstag, 17. Mai, 17 Uhr, eröffnet. Der reich illustrierter Katalog (120 Seiten) kostet 18 Euro.