Mit der Verkündung der neuen, auf sechs Jahre angelegten Konzern-Strategie hat Siemens-Vorstandsvorsitzender Joe Kaeser noch nicht die Fragen beantwortet, die sich die rund 4800 Mitarbeiter am Standort Mülheim angesichts des derzeit schwächelndes Marktes im konventionellen Kraftwerksbau stellen. Welche Rolle Mülheim als aktuell größter Siemens-Standort in NRW künftig spielen wird, ist noch unklar.

In fast dreistündiger Pressekonferenz hat Kaeser skizziert, wohin die Reise des Technologie-Konzerns gehen soll. Dabei unterließ er es, das Zukunftskonzept historisch einzuordnen – ob nun als Restrukturierung, Einschnitt, Evolution oder gar Revolution. Klar ist: Siemens will nun, wie von Betriebsräten eindringlich gefordert, weniger auf kurzfristige Margen zielen und den Fokus wieder mehr auf Zukunftsmärkte richten. Eine komplette Hierarchieebene (die Sektoren) soll abgeschafft werden, die einzelnen, neu zusammengesetzten Divisionen eigenverantwortlicher und innovationsfreudiger agieren können.

Der Standort Mülheim, an dem Generatoren und Dampfturbinen der höheren Leistungsklassen entwickelt und gefertigt werden sowie das Gasturbinen-Engineering sein Zuhause hat, wird künftig der Division „Power & Gas“ zugeordnet sein. Den zuständigen Vorstandssitz verlegt Siemens von Erlangen in die USA, denn dort will der Konzern die Marktchancen ergreifen, die er in Nordamerika in der unkonventionellen Öl- und Gasförderung sieht.

Auf das Geschäft im konventionellen Kraftwerksbau, das am Standort Mülheim betrieben wird, ging Kaeser wenig ein. Betriebsratsvorsitzender Pietro Bazzoli sagte dieser Zeitung, dass nun noch zahlreiche, auch standortspezifische Fragen zu klären seien. Die wesentliche: Wenn Siemens, wie verkündet, künftig stärker in das Geschäft der dezentralen Energieversorgung einsteigen will, welche Stellung hat dann noch der konventionelle Kraftwerksbau? Was wird aus der bislang exponierten Stellung des hiesigen Standortes?

„Wir werden eine Deutschland-Strategie für die Standorte hier fordern“, so Bazzoli. Als Ergebnismarge für die Jahre 2014 bis 2020 gibt Siemens der Division „Power & Gas“ 11 bis 15 % vor, das liegt im Rahmen des Bisherigen. Die Produktivität soll um jährlich 3 bis 5 Prozent gesteigert werden. Bazzoli fordert, die Gewinne daraus in Forschung und Entwicklung zu investieren. Er rechnet aber auch damit, dass der Abbau einer Hierarchiestufe auch in Mülheim Arbeitsplätze kosten wird. Dazu liege „aber noch nichts auf dem Tisch“.