Mülheim. Das Theaterstück mit Flüchtlingen hatte im ehemaligen Asylbewerberheim an der Ruhrorter Straße Premiere. Eine zusätzliche Kunstinstallation spürt der Geschichte nach. Weitere Aufführungen des Stückes “Zwei Himmel“ sind im Mai zu sehen.

Ein klein wenig über die jungen Menschen, über ihre Gefühlswelt und ihre Geschichte, über ihre Bedenken und Ängste, Wünsche und Hoffnungen haben die WAZ-Leser in der Serie über die Flüchtlinge in Mülheim bereits erfahren. Freimütig und offen haben Reem El Attar aus Ägypten, Seyed Mansour Pourmohseni Shakib aus Iran, Marvin Jasarevic mit Roma-Wurzeln aus Serbien und die Deutsch-Marokkanerin Sabrina Padderatz von ihren Erfahrungen berichtet und deutlich gemacht, warum für sie ein Leben in ihrem Heimatland nicht mehr möglich ist.

Erlebtes, Ertragenes und Erhofftes haben sie in dem Theaterstück „Zwei Himmel“ verarbeitet. Für das Theater- und Kunstprojekt „Ruhrorter“ hat das Team aus Adem Köstereli (Regie), Jonas Tinius (Dokumentation), Julia Rautenhaus (Kostümbild und Installation), Wanja van Suntum (Installation) und die Spieler einen authentischen Ort ausgesucht: In dem ehemaligen Asylbewerberheim an der Ruhrorter Straße, frühere Schätzlein-Zentrale, hatte das Stück Premiere. Sie spielen auf keiner Bühne, keinem abstrakten Spiegel, keiner Folie und brauchen keinen Aufhänger für das Thema, denn der Ort ist gelebte Flüchtlingsgeschichte, die nun neu überschrieben wird.

Komplette Etage für Installation genutzt

Der nackte Beton-Boden dieses fabrikähnlichen Kolosses ist ganz real damit verbunden – er atmet quasi Vergangenheit und Leben im Niemandsland und der Anonymität des Asyls. In der sakralartigen hohen Halle unter dem Dach führt eine lange Treppe fast wie in den Himmel. Die Schatten der Spieler zeichnen sich grell und bizarr vor dem letzten Licht des Tages ab, das durch die großen Fenster fällt. An einer Leine hängen Socken, ein Koffer mit Habseligkeiten liegt auf dem Boden. In stillem Gestus bewegen sich die jungen Menschen durch den verlassenen Raum – nonverbal in der Zwiesprache mit sich selbst drücken sie das aus, was sie empfinden in der Orientierungssuche eines Lebens unter „zwei Himmeln“. Die nachdenklich stimmenden Bilder sind voller Poesie und Symbolkraft – eindringlich, tiefgründig, traurig, bittersüß und sie werfen Fragen auf. Im schimmernden Kerzen-Schein keimen Hoffnungen zart und auch schöne Momente – begleitet von Bandoneon-Klängen, bosnischen Liebesliedern, alten jiddischen Gesängen und fremden Melodien.

Ein Flüchtlingsdasein fast hautnah spürbar machte die Eröffnung der Installation „Palimpsest“, die sich über die ganze erste Etage erstreckt und zu den Menschen und ihren hinterlassenen Spuren führt, die dort einmal Tür an Tür lebten: Mit den Mitteln der Kunst, u.a. Fotos von Heiner Schmitz, bekommen sie ein Gesicht.