Mülheim. . Das WAZ-Lesercafé machte Station in Styrum und kam mit den Menschen vor Ort ins Gespräch. Trotz einiger Missstände lieben die Styrumer ihren Stadtteil. Aufreger sind der starke Verkehr auf der Oberhausener Straße und die fehlende Regelung für das historische Klassenzimmer.

Styrum ist ein starker Stadtteil – das wurde einmal mehr deutlich beim WAZ-Lesercafé, das jetzt in der Feldmann-Stiftung stattfand. Rund zwei Dutzend engagierte Styrumer waren unserem Aufruf gefolgt, mit uns über ihren Stadtteil ins Gespräch zu kommen. Und sie hatten eine große Bandbreite an Themen mitgebracht:

Die Oberhausener Straße

Ein Dorn im Auge ist vielen Anwohnern die Verkehrssituation entlang der Oberhausener Straße – vor allem rund um den Sültenfuß. „Die Oberhausener ist Chaos pur“, brachte es eine Lesercafé-Besucherin auf den Punkt. Es werde kreuz und quer geparkt, gerade vor den Geschäften am Sültenfuß. Bedrohliche Szenen spielten sich besonders morgens an der Ecke vor dem Bäcker Hemmerle ab. Zudem würde konstant zu schnell gefahren auf der Oberhausener Straße.

Eine Anfrage bei der Polizei bzw. beim Ordnungsamt, ob dort nicht öfter Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt werden könnten, sei allerdings abgeschmettert worden, berichtete eine Styrumerin. Zur Begründung hieß es, die Oberhausener Straße sein kein Unfallschwerpunkt. Aber auch der südliche Bereich des Stadtteils, etwa entlang der Hauskampstraße und der Moritzstraße, habe unter großem Verkehrsaufkommen, gerade durch Lkw zu leiden. „Dabei ist die Moritzstraße eine Wohnstraße“, sagt Ingrid Meckenstock und beschreibt: „Da fahren Tausende Lkw durch.“

Beliebte Begegnungsstätte

Was den Styrumern ebenfalls unter den Nägeln brennt, ist die Zukunft eines beliebten Treffpunktes in ihrem Stadtteil: Die der Feldmann-Stiftung und hier speziell die des Seminarraums im Obergeschoss des Fachwerkhauses. Denn der darf neuerdings nur noch mit bis zu zehn Personen besetzt werden – verschärfte Vorgaben für den Brandschutz sind dafür der Grund. Niemand ist damit zufrieden – auch nicht Max Schürmann, der Leiter der Feldmann-Stiftung. Ihm aber sind die Hände gebunden, solange es keine Außentreppe als zusätzliche Fluchtmöglichkeit im Brandfall gibt, darf er den Raum nicht für größere Gruppen freigeben.

„Wir haben uns seit 26 Jahren immer dort getroffen“, führte ein Mitglied des Styrumer Geschichtsgesprächskreises an, der sich regelmäßig in der Feldmann-Stiftung trifft. Und nicht nur die Mitglieder des Geschichtsgesprächskreises sind davon betroffen, etwa auch die Karnevalsgesellschaft Rote Funken muss sich – wie viele andere Vereine auch – nach einer Alternative umsehen. „Wir können die Auflagen nicht infrage stellen“, räumte ein Besucher ein, machte aber zugleich deutlich: „Die Stiftung ist ja zur Förderung von Menschen in ihrer Freizeit gedacht. Aber so funktioniert die Begegnungsstätte nur noch in Teilen.“ Ebenso bedauerlich sei, dass nach wie vor kein neuer Standort für das historische Klassenzimmer gefunden sei.

Grüne Geheimtipps

Doch die Styrumer wären keine Styrumer, wenn sie nicht genauso viele lobende wie kritische Worte für ihren Stadtteil finden würden. Es gebe so viele schöne, grüne Ecken – wie das Schloß Styrum oder die Müga. Als Geheimtipp nennt Lesercafé-Besucher Knut Binnewerg etwa die zahlreichen Kleingartenanlagen im Stadtteil: „Jede für sich ist ein Schmuckstück.“ Und wer durch die Seitenstraßen schlendere, könne wahre Schätze entdecken – so gepflegt seien hier die Häuser und Gärten.

Noch einige Themen mehr waren zur Sprache gekommen – wir kommen wieder, keine Frage.

Ein Styrumer Erfolgsmodell: Der Bürgerbus 

Ein Styrumer Erfolgsmodell ist ohne Frage der Bürgerbus. Seit Herbst 2012 dient der Bürgerbus in dem Stadtteil rechts der Ruhr als Fortbewegungsmittel auf den Strecken, die sonst mit dem öffentlichen Nahverkehr nicht so gut zu erreichen sind – als Ergänzung zum herkömmlichen Linienverkehr.

Und das Dank des Einsatzes von Ehrenamtlichen: 30 Fahrerinnen und Fahrer steuern den Bus auf drei Strecken durch den Ortsteil – montags bis freitags zwischen 9 und 18 Uhr, samstags zwischen 9 und 15 Uhr. Gerade Senioren und Menschen, die ansonsten Schwierigkeiten haben, die nächste MVG-Haltestelle zu erreichen, nutzen den Bürgerbus, der sie in ihrem Wohnumfeld einsammelt. „Unsere Fahrgäste finden es toll, wenn ihnen der Rollator und die Einkaufstaschen in den Bus gehoben werden“, berichtet Rainer Lamberti, Geschäftsführer des Bürgerbus Styrum e.V..

Rund 60 Prozent ihrer regelmäßigen Mitfahrer seien körperlich eingeschränkt, etwa gehbehindert. Da verhelfe der Bürgerbus zu mehr Mobilität. Jürgen Siegmund, einer der ehrenamtlichen Fahrer, schildert: „Wir haben einen Stammkunden, der auch nicht mehr gut zu Fuß ist. Anfangs ist er nur zusammen mit seiner Frau gefahren, heute fährt er alleine mit.“ Nicht zu unterschätzen sei auch der soziale Aspekt des Bürgerbusses: „Hier kann man immer ein Schwätzchen halten.“ Nach rund anderthalb Jahren Bürgerbus-Betrieb sehen sich die Organisatoren auf einem guten Weg: 55 000 Kilometer hat das Fahrzeug mittlerweile auf dem Tacho, in Kürze werde sich die Schiebetür für den 10 000 Fahrgast öffnen, rechnet Vorsitzender Knut Binnewerg vor und sagt dennoch: „Wir haben noch Platz im Bus.“