Andrés Mateos Hernándes, Gewerkschafter aus Katalonien, hat noch ganz andere Sorgen als seine deutschen Kollegen in Mülheim, deren Gast er derzeit ist. Jeder zweite Spanier unter 25 Jahren ist arbeitslos, eine Katastrophe und weit von dem entfernt, was sich ein soziales Europa nennt. Dafür tritt er beim Arbeitnehmerempfang der Oberbürgermeisterin im Medienhaus am Synagogenplatz ein und beklagt: „Es sind immer noch Grenzen in den Köpfen der Menschen, die ein echtes soziales Europa bisher verhindern.“
Um ein soziales Europa, um gute Arbeit, um ein gesichertes Auskommen – darum geht es am heutigen Tag der Arbeit. „Europa kann nur gelingen“, sagt Volker Becker-Nühlen, DGB-Chef in Mülheim, „wenn es sozial ausgerichtet ist.“ Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit stellt er an die erste Stelle seiner Forderungen für diese soziale Ausrichtung, mehr Impulse für Investitionen, mehr Demokratie, mehr Mitbestimmung. Der Schlüssel zum Wohlstand liegt für ihn aber auch in der industriellen Basis in Europa.
Die Entwicklung industrieller Arbeit in Mülheim will der DBG zum Schwerpunkt in den nächsten Jahren machen, betont Becker-Nühlen. Der Standort ist nicht ohne Sorgen, wie OB Dagmar Mühlenfeld anführt: „Wir dürfen nicht die Betriebe außer Acht lassen, in denen es wirtschaftlich und von der Auftragslage her nicht so gut geht.“ Sie nennt unter anderem Gesellschaften auf dem Mannesmanngelände. Sie führt Unternehmen an, die wie Europipe und deren Tochtergesellschaften unter einem hohen Kostendruck stehen.
Gute Arbeit, so die OB, bedeute vom eigenen Lohn leben und im Alter über eine auskömmliche Rente verfügen zu können. „Gute Arbeit bedeutet aber auch, Vorsorge zu treffen für die Zukunft durch Investitionen in Bildung und Ausbildung. Gute Arbeit bedeutet, dass Männer und Frauen Berufs- und Familienleben besser miteinander vereinbaren können.“ Das alles sei nicht zu viel verlangt. „Das muss drin sein.“
Gute Arbeit erfordert aus Sicht der Gewerkschaften auch ein Eintreten gegen die Verschlechterung bereits erreichter Arbeitsstandards. Es stimmt viele nachdenklich, wenn nach einer repräsentativen Befragung des DGB nur noch 42 Prozent der Beschäftigten in Deutschland davon ausgehen, unter ihren derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zur Rente arbeiten zu können, in den Pflegeberufen glauben gar nur noch 20 Prozent, bis zum Rentenalter durchzuhalten. Wenn das so sei, sei man auf einem falschen Weg, warnt die OB. Für die Gewerkschaften sind das neue Herausforderungen jenseits des Ausbaus des Mindestlohnes, den Becker-Nühlen fordert.