Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
So zeitlos schön hat der Lyriker Eduard Mörike im 19. Jahrhundert die aktuelle Jahreszeit beschrieben. Doch haben Menschen im Hier und Jetzt noch Sinn für solche Poesie? Drei Fragen an die Lyrikerin Inge Fleischer, die gerade ihren neuen Gedichtband vorgelegt hat.
Warum heißt ihr neuer Gedichtband „Gedichte im Vorübergehen“?
Das hat mit meinen ersten Gedichten zu tun, die ich vor zwölf Jahren handschriftlich auf schönes Papier geschrieben und auf dem Adventsmarkt in der Altstadt für jeweils zwei Euro an die Menschen verkauft habe, die dort vorüberkamen.
Aber gehen die meisten Menschen heute nicht lieber vorüber, wenn sie Lyrik hören?
Auf dem Adventsmarkt sind viele stehen geblieben und waren ganz begeistert, sich dort ein Gedicht kaufen zu können. Auch zu meinen Lesungen kommen die Menschen und bleiben, um zuzuhören. Sie kommen nicht in Scharen, aber sie kommen, weil sie spüren, dass Gedichte in besonders schöner Weise Gefühle und Erlebnisse beschreiben, weil sie mit der Sprache spielen. Ich selbst schöpfe literarisch besonders gern aus meinen Erlebnissen in der Natur.
Warum plädieren Sie im Titel Ihrer nächsten Lesung für eine Rückkehr der Dichter?
Wir tun gut daran, unsere Dichter nicht zu vergessen, sondern zu lesen und zu fördern, weil sie es sind, deren Werke unsere Muttersprache erhalten und pflegen und damit kulturelle Identität schaffen und Menschen kulturell miteinander verbinden. Und manchmal passt die ganze Welt sogar in ein Gedicht.