Z Wenn ich abends im Bett liege, habe ich oft die Bilder vor mir. Meine Eltern und ich, wir sind mit einem Fuhrwerk aus Ostpreußen geflüchtet. Ich erinnere mich an ein Dorf auf unserem Weg, wo alles gebrannt hat. Einmal begegneten uns russische Soldaten, die völlig betrunken waren und gedroht haben, uns zu erschießen. Hier im Seniorenstift habe ich schon mal ein bisschen erzählt, aber die anderen haben es nicht so erlebt.“
Z Ich denke dauernd daran. Wir waren bombengeschädigt, und meine Familie mit fünf Kindern wurde auseinander gerissen. Eine meiner Schwestern hat bis heute schwer an ihren Erinnerungen zu tragen. Sie kann nicht schlafen, schreckt nachts auf. Ich hatte schreckliche Erlebnisse, aber auch schöne. Wir führten ein sehr abenteuerliches Leben... Hier im Haus habe ich schon lang und breit Geschichten erzählt. Alle haben zugehört.“
Z Als jetzt die Krise auf der Krim war, sind meine Erinnerungen sofort wieder aufgetreten. Als der Krieg ausbrach, war ich 15, lebte in Danzig und hatte das Gefühl, dass jetzt die Freiheit der Jugend verloren ging. Später bin ich nach Kiel geflüchtet, habe massive Bombenangriffe erlebt und gehörte nach dem Krieg zu den Trümmerfrauen. Über meine Erlebnisse habe ich hier im Heim bisher kaum gesprochen. Sie waren zu schmerzlich.“
Z Daran denke ich öfter. Mein Mann arbeitete als Handwerker auf einer Zeche und wurde zum Glück nicht eingezogen. Unsere Töchter wurden 1942 und 1944 geboren. Als die Bombenangriffe kamen, haben die Männer im Keller notdürftig einen Bunker gebaut, in dem ich mit einem Kleinkind und einem Baby die Nächte verbracht habe. Über solche sehr persönlichen Erlebnisse habe ich mit den anderen Bewohnern noch nicht geredet.“