Mülheim. . Die Werbefachleute der MST bestehen auf den Markenrechten an dem Konzept Ruhrperlen. Im Essener Süden arbeitet der Werdener Bürger- und Heimatverein seit Jahren ebenfalls mit der Bezeichnung “Ruhrperlen“. Die Essener verzichten nun, um einer Schadensersatzforderung aus dem Weg zu gehen.

Mülheim im Jahr 2014. Entlang der Ruhr spitzt sich ein Konflikt zu. Es geht um den Schatz „Ruhrperlen“, besser darum: Wer darf den Begriff verwenden und damit für die Schönheit des Flusstals werben? Nur wir!, sagen die Werbefachleute der Mülheimer Marketing- und Tourismus GmbH (MST). Im Essener Süden arbeitet der Werdener Bürger- und Heimatverein jedoch auch mit den „Ruhrperlen“, und das nicht erst seit gestern. Alles kein Problem, weil die Ruhr genug Schönes für alle bietet? Von wegen.

Die MST versteht da keinen Spaß und ließ Richtung Werden ein anwaltliches Schreiben mit einer Schadenersatzforderung, einem Auszug aus dem Deutschen Patent- und Markenamt und einer Unterlassungserklärung schicken. „Abgekupfert, ohne ein Wort zu sagen“, empört sich Heike Blaeser-Metzger, Prokuristin bei der MST. „Wir haben das Konzept ,Ruhrperlen’ – Dank Unterstützung von Erivan Haub – entwickelt, da steckt viel Arbeit, viel Geld drin, und wir haben es 2008 schützen lassen.“ Von 300.000 Euro Investition ist die Rede.

Viele neue Wege

Viel Geld für die „Ruhrperlen“, hinter denen sich in Mülheim neue Wege durch die Stadt am Fluss verbergen – 50 Kilometer, die mit dem Rad zu erkunden sind. Unterwegs werden historische, landschaftliche und industrielle Besonderheiten auf Schildern erläutert oder auf einem Audio-Guide erklärt. Auch ein „Ruhrperlen-Rad“ steht bereit.

In Werden verstehen sie die Welt nicht mehr. „Werden ist seit über 100 Jahren Perle des Ruhrtals, Perle an der Ruhr oder Ruhrperle“, sagt Dr. Dietmar Rudert vom Bürger- und Heimatverein und holt eine entsprechende Werbung aus dem Jahr 1910 hervor und legt sogleich das Lied „Werden, die Perle an der Ruhr“ obendrauf. Sogar einen Werdener Film „Perle des Ruhrtals“ habe es im frühen 20. Jahrhundert mal gegeben, berichtet Monika Reich-Püttmann. „Beweise“ liefern die Werdener viele, halt nur keinen Eintrag beim Deutschen Patent- und Markenamt. Daran haben die Ehrenamtlichen nie gedacht und entwickelten ab 2008 Logo und Namen „Essener Ruhrperlen“, auch für die anderen Stadtteile am Fluss.

„Wir sind keine Streithansel“

Dahinter verbergen sich in Essen Rundwander- oder Denkmalwege vorbei an historischen Bauten, die erklärt werden, auch über QR-Codes (wie Strich-Codes), die an den Häusern befestigt werden. Sogar ein amtlicher Stadtplan mit dem Aufdruck „Sonderausgabe Ruhrperlen“ erschien. Inzwischen ist der vom Markt genommen. Faltblätter mit „Ruhrperlen“ wollen die Essener einstampfen, sich aus dem Internet mit dem Titel zurückziehen und die Hinweistafeln an den Bauten wieder abnehmen. Frustrierend, heißt es. Ein neuer Name muss her. „Wir sind keine Streithansel“, betont Rudert, und sähe kein Problem darin, gemeinsam mit Mülheim die „Ruhrperlen“ zu vermarkten. „Wir wollen keine ehrenamtliche Arbeit kaputt machen“, so Marc Baloniak von der MST. Aber man gebe keine Markenrechte zum Nulltarif ab.

In einem „Kompromiss“, der die Ruhrperlen für beide Seiten zulässt, schlagen die Mülheimer vor: Zahlung einer Lizenzgebühr von 30.000 Euro, wovon ein erheblicher Teil dadurch erbracht werden könnte, indem die Werdener auf all ihren Veröffentlichungen heute und in Zukunft Werbung für die Mülheimer Ruhrperlen machen, die MST müsste in allen Veröffentlichungen als Lizenzgeberin der Marke benannt werden, überall dort, wo die Essener Ruhrperlen erwähnt werden, müssen die Mülheimer ebenfalls genannt werden und so weiter. Und: 10.000 Euro als Barzahlung in Raten. „Das ist kein Kompromiss, das ist Erpressung“, sagt Rudert.