Können Sie von Ihrem Einkommen leben? Diese Frage wird bei der großen Haushaltsumfrage gestellt, die das Statistisches Bundesamt regelmäßig durchführt. Und auf diese Frage haben 45 Prozent Frauen mit Ja geantwortet. Eine erhebliche Steigerung gegenüber den Vorjahren, so betonten die Statistiker nun bei der Veröffentlichung der Zahlen für 2012. 1996 lag der Anteil der Frauen noch bei 36 Prozent. Ist also die Schlussfolgerung richtig, dass Frauen heute unter besseren Bedingungen arbeiten als Ende der 90er Jahre?
Besser sind sie vielleicht, aber jedenfalls noch nicht optimal: Henrike Greven, Geschäftsführerin des örtlichen Verdi-Bezirks, hat hier erhebliche Zweifel. Denn so ein Umfragewert, so betont die Gewerkschafterin, sage über die tatsächlichen Arbeitsbedingungen nur wenig aus. Und da bestünden eben doch noch immer erhebliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern - gerade beim Lohn. „Frauen verdienen im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer“. Das ist tendenziell zwar in der ganze EU so - da liegt der Schnitt bei 16,2 Prozent - aber in Deutschland ist der Unterschied besonders hoch.
„Es ist zwar schon ein Fortschritt, dass heute mehr junge Frauen eine qualifizierte Berufsausbildung und das Ziel haben, unabhängig vom Einkommen ihres Partners zu sein. Aber diese Frauen wechseln fast immer, nachdem sie ein Kind bekommen haben, in die Teilzeitarbeit.“ Die Folge sei natürlich ein Einkommensverlust.
„Ich bin deswegen dafür, dass es ein gesetzliches Rückkehrrecht gibt. Wenn die Frauen, eben etwa nach der Geburt des Kindes, für eine Phase in die Teilzeit gehen will, muss es danach wieder eine Möglichkeit geben, in die volle Stelle zurückzukehren. Denn bisher gilt die Devise: Wer einmal in der Teilzeit ist, kommt nie weder da raus“, fordert Greven.
Es sei eben immer noch so, dass die „Familienarbeit“ größtenteils von Frauen geleistet würde - mit entsprechenden Folgen für den beruflichen Erfolg. „Frauen, die sich bewusst für die Familie entscheiden, will ich gar nicht kritisieren“, betont Greven. Ihr ist nur wichtig, dass es zu wenig Alternativen gibt. „Wenn eine Frau im Einzelhandel Karriere als Abteilungsleiterin machen will, dann darf sie nicht ortsgebunden sein. Gut, wenn sie keine Probleme mit einer Fernbeziehung hat, dann klappt das vielleicht noch. Viele Frauen wollen das aber nicht. Für sie muss es auch eine Möglichkeit geben, unter familienfreundlichen Umständen, beruflich aufzusteigen und mehr zu verdienen.“
Für Greven muss sich auch noch in anderen Bereichen einiges ändern, bis wirklich von einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Frauen gesprochen werden könnte: „Wenn Männer harte körperliche Arbeit leisten, dann gibt es eine Zulage. So einen Bonus brauchen wir auch für Pflegerinnen, die schwer heben müssen.“
Wie lange wird es noch dauern, bis solche Veränderungen kommen? Die geplante Mindestlohnregelung der Großen Koalition sei schon ein erster Schritt. Aber das reiche noch nicht. „Allerdings gibt es einen Fortschritt zu früher: Es wird mehr über die Situation der Frauen gesprochen“.
Das ist schon mal was.