Mülheim. . Er soll Mitschüler zum Lesen des Korans gedrängt haben und barfuß und mit Gebetsteppich zum Sportunterricht gekommen sein. Ein Mülheimer Berufskolleg suspendierte daraufhin den Schüler. Der zeigte sich widerspenstig - und rief den Staatsschutz auf den Plan.

Das Berufskolleg Lehnerstraße hat einen ihrer Schüler vor die Tür gesetzt. Sie wirft ihm vor, seinen islamischen Glauben über Gebühr in die Schule getragen und damit den Schulfrieden gestört zu haben. Nach der Suspendierung vom Unterricht sah sich die Schule gar genötigt, Polizei und Staatsschutz um Hilfe zu bitten. Der volljährige Schüler hatte zum Protest über das soziale Netzwerk Facebook zu einem öffentlichen Gebet an der Schule aufgerufen. Inzwischen hat die Bezirksregierung aus der Suspendierung einen Verweis gemacht.

"Religiöse Aktivität" an Mülheimer Schule gezeigt

Auf unklarem Weg gelangte das Suspendierungsschreiben der Schule dieser Tage zur Redaktion. Offenbar war es mit dem Aufruf zum öffentlichen Gebet im Internet gepostet worden. Im Schreiben der Schulleitung wird dem Schüler mitgeteilt, dass er dem Berufskolleg vom 10. bis zum 21. Februar fernzubleiben habe.

Schulleiter Uwe Metscher begründet die Zwangsmaßnahme darin damit, dass der Schüler trotz vorheriger Ermahnung weiterhin „religiöse Aktivität“ an der Schule gezeigt habe. Besuche „salafistischer Seiten“ während des Unterrichts, Bekehrungsversuche von Mitschülern und Gebete zu Beginn des Sportunterrichtes seien mit der weltanschaulichen Neutralität der Lernstätte nicht vereinbar, hieß es. Eine öffentliche Zurschaustellung religiöser Praktiken verletze die Gefühle andersgläubiger Schüler und sei daher nicht gestattet.

Ministerium: Es gibt Grenzen der freien Religionsausübung

Das Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW verweist auf Anfrage der WAZ darauf, dass es auch Grenzen der grundgesetzlich geschützten freien Religionsausübung gebe.

Dies sei dann der Fall, wenn die Religionsausübung eines oder mehrerer Menschen die Grundrechte anderer beeinträchtige. Für eine Schule sei dies festzustellen, wenn durch die Relegionsausübung „das gemeinsame Leben und Lernen in der Schule“ beeinträchtigt sei.

Das Berufskolleg sieht sich als „weltanschaulich neutrale Stätte des Lernens“, hieß es im Schreiben an den Schüler.

Zum Lesen des Korans gedrängt

Das Berufskolleg suspendierte den Schüler zunächst für zwei Wochen, um ihm laut Schreiben „eine letzte Gelegenheit“ zu bieten, „Ihren eingeschlagenen Weg zu überdenken“. Gegenüber der WAZ wollte sich die Schule nicht zum Fall äußern, sie verwies auf die Schulaufsicht bei der Bezirksregierung Düsseldorf. Diese wurde noch deutlicher: Der Schüler habe seine Mitschüler zum Lesen des Korans gedrängt. „Anfang Februar erschien der Schüler barfuß und mit einem Gebetsteppich unter dem Arm zum Sportunterricht.“

Aufruf zum öffentlichen Gebet bei Facebook

Der Aufruf via Facebook zum öffentlichen Gebet an der Schule habe schließlich Polizei und Staatsschutz auf den Plan gerufen. Mit dieser Aussage konfrontiert, bestätigte gestern auch ein Polizeisprecher den Einsatz an der Schule. Insbesondere der Staatsschutz habe dem jungen Mann, der „vielleicht viel radikaler als ein Durchschnittsgläubiger ist“, auch den Eltern und der Schule umfassende Hilfe zugesagt.

Der Staatsschutz versuche in Gesprächen mit dem Schüler und dessen Eltern zunächst zu ergründen, was der junge Mann mit seinem Handeln bezwecken wolle. Der Staatsschutz biete Hilfe an, damit der Schüler „sich auf einen guten Weg zurückbewegt“ und sich nicht weiter radikalisiere. Die spezielle Hilfe werde geboten, solange sie auch angenommen werde. „Wir reichen ihm die Hand“, so ein Polizeisprecher.

Unklar blieb, ob aus der zeitweisen Suspendierung des Schülers nicht ein Verfahren für einen Schulverweis geworden ist.