Bei Geld hört die Freundschaft gemeinhin auch in der Politik auf. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich zum Thema Finanzen zwei Gruppierungen annähern, die sich nicht ganz grün sind: Die Grünen selbst und die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI), deren Existenz grüne Wurzeln hat, die aber inzwischen rein numerisch mehr Gewicht in den Stadtrat einbringen als die Öko-Partei. Beide Ratsfraktionen meldeten sich dieser Woche mit der Idee zu Wort, die Stadt möge sich von ihren Anteilen am kriselnden RWE trennen und vom Essener Multi lieber dessen Anteile am Wasserversorger RWW erwerben. Im Weg waren sich Lothar Reinhard (MBI) und Tim Giesbert (Grüne) nicht ganz einig; Reinhard will die Pakete tauschen, Giesbert hält Verkauf und Kauf für praktikabler und sieht überdies etliche Stolpersteine. Klar ist beiden: Wasser ist krisenfester als Strom.
Dividende als Ein-Euro-Geschäft
Das hat Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) am Mittwoch im Aufsichtsrat des Konzerns noch genauer erfahren und am Dienstag, wenn Vorstandschef Peter Terium die Bilanz öffentlich vorstellt, wird er ausbreiten, wie die Energiewende ins Kontor des Kraftwerks-Riesen schlägt. Eine herkömmliche Großanlage nach der anderen taumelt in die Verlustzone, 2,8 Milliarden Euro schießt RWE über Abschreibungen buchstäblich in den Wind. Zu verteilen ist immer weniger, die Dividende wird zum Ein-Euro-Geschäft. Auf Jahre hinaus.
Als in Mülheim zum letzten Mal öffentlich erwogen wurde, die RWE-Aktien abzustoßen, 2008, sah das noch anders aus. Damals notierte die Dividende bei 3,50 Euro und der Stadtkämmerer verbuchte bei 8,8 Millionen Aktien 30 Millionen Euro an direkten und indirekten Einnahmen. Das war so viel, dass sich ein Verkauf der städtisch gehaltenen 4,7 Millionen Aktien (die andere Hälfte liegt bei Stiftungen) selbst angesichts des Börsenkurses von über 90 Euro und einem kalkulierten Erlös von über 400 Millionen Euro nicht gerechnet hätte. Jetzt dümpelt das Wertpapier bei 28 Euro und die Dividende bei einem Euro. Dennoch ist das Verhältnis immer noch attraktiv. Der schlichte Grund: Die Kreditzinsen sind so niedrig, dass ein in die Entschuldung gesteckter Millionenbetrag praktisch wirkungslos verpufft.
RWE will Kohle
Hinzu kommt: Aktienrechtlich ist ein Tausch RWE gegen RWW-Anteile nicht möglich und vom Partner auch nicht gewollt. Der Konzern will echte Kohle. Darüber reden Vertreter des Unternehmens und der Städte schon seit geraumer Zeit; in solchen Gesprächen, die nie stattgefunden haben (neben Mülheim zählen zum Eigentümerkreis des RWW noch Bottrop, Gladbeck, Oberhausen und Recklinghausen). Verlauf und Resultat waren stets gleich: Die Städte hätten alle gerne mehr Zugriff auf Wasserversorgung und Wassergeschäft. Mülheim etwa verbucht durch seinen zehnprozentigen RWW-Anteil rund eine Million Euro Ertrag pro Jahr. Das RWE würde die Beteiligung sogar abgeben - aber zu Preisen, die die Kommunen nicht zahlen können und dürfen.
So haben Grüne und MBI, die über diverse Aufsichtsräte laufend Kenntnis über Nicht-Gespräche haben, ein Thema aufgerufen, über dessen sinnvolle Zielsetzung kein wirklicher Konflikt besteht. Das einzige Problem: Eine Lösung ist nicht in Sicht.