Selbeck. .

Als Pfarrer Martin Bach im Frühjahr 2013 gefragt wurde, ob er sich vorstellen könnte, Vorstand der Theodor Flieder Stiftung zu werden, reizte ihn die fachliche Herausforderung. Obwohl er „rundum glücklich“ gewesen sei, als Chef des Diakoniewerkes Zoar in Rheinland-Pfalz. Bach wurde gewählt und wechselte zum 1. November nach Mülheim, als Nachfolger von Matthias Dargel, der nach kaum mehr als einem Jahr zurückgetreten war. Nun obliegt dem 46-jährigen Bach die theologische Leitung eines überregional tätigen Unternehmens mit mehr als 2000 Mitarbeitern

Haben Sie in Ihrem Arbeitsalltag überhaupt Gelegenheit, sich draußen im Dorf umzusehen?

Pfarrer Martin Bach: Auf jeden Fall, weil ich hier im Dorf auch wohne. Ich habe ein freies Haus gemietet und im Ruhrgebiet auch schon einiges kennengelernt. Meine Frau zieht demnächst nach.

Sie führen also momentan eine Fernbeziehung?

Ja, meine Frau ist derzeit noch als Gemeindepfarrerin in Lauterecken im Dienst. Sie würde gerne als Pfarrerin hier in der Region arbeiten.

Kinder haben Sie nicht?

Nein. Der einzige, der bei uns zu Hause noch wechseln muss, ist unser Kater. Aber auch er macht ja nicht den ersten Umzug mit.

Sie haben vorhin mit unserem Fotografen fröhlich gefachsimpelt, fotografieren Sie selber?

Es ist eines meiner Hobbys, das ich im Moment aber selten ausübe. Einerseits aus zeitlichen Gründen, aber auch, weil ich den Übergang von der analogen zur digitalen Fotografie nicht mitmachen möchte. Mir fehlt dabei das haptische Erlebnis.

Sind Sie generell skeptisch, was technische Neuerungen anbelangt?

Nein, ich finde, Computer und Smartphones machen die Welt heute auch leichter. Bei Arbeitsmitteln sollte man alle Möglichkeiten nutzen, die es gibt. Und da sind wir hier auf einem sehr zeitgemäßen Stand.
Leitbild-Diskussion hat begonnen

Als Vorstandsvorsitzender von Fliedner sind Sie einerseits als Manager gefordert, andererseits aber auch als Geistlicher gefragt. Wie verteilen sich die Gewichte?

Im Moment erfülle ich so gut wie keine seelsorgerischen Aufgaben. Ich war sehr damit beschäftigt, die Stiftung und ihre Menschen an den verschiedenen Standorten kennen zu lernen. Und das Dorf ist wirklich etwas ganz Besonderes.

Inwiefern?

Wegen seines inhaltlichen Konzeptes und der baulichen Gestaltung, ohne große Gebäude, ohne große Gruppen. Wir wollen es weiter stärken, als inklusives Gemeinwesen.

Sie sind seit nahezu vier Monaten im Amt. Gibt es schon sichtbare, spürbare Veränderungen?

Pfarrer Bach: Wir müssen zwei, drei Themen miteinander auf den Weg bringen. Zum einen geht es um die Fliedner Stiftung insgesamt: Wir wollen darüber reden, was uns prägt, trägt und ausmacht. Wir beginnen daher gerade eine Leitbild-Diskussion.

Welche Arbeitsschwerpunkte sehen Sie noch?

Ein weiterer wichtiger Themenbereich betrifft das Dorf. Wir wollen in den nächsten Monaten gemeinsam überlegen, wie wir unsere Angebote noch stärker auf den individuellen Bedarf der Menschen zuschneiden können. So, dass sie möglichst selbstbestimmt teilhaben können.

... weil sich die Bewohner und deren Bedürfnisse auch verändern?

Ja, in ganz Deutschland haben wir jetzt die erste komplette Generation von behinderten Menschen im Alter. Mir ist wichtig, dass sie ein Recht haben, in ihrem gewohnten Lebensumfeld zu bleiben. Und daraus ergeben sich neue Fragestellungen, etwa: Gibt es Menschen, die in einer eigenen Wohnung ambulant betreut werden wollen und können?

Werden Sie also innerhalb des Fliedner-Dorfes um- oder neu bauen?

Es wird sicher bauliche Veränderungen geben müssen. Aber zunächst wollen wir alle an einen Tisch bringen, die mit dem Dorf zu tun haben: Bewohner, Mitarbeiter, Kuratorium und natürlich auch die Kostenträger. Wir müssen gemeinsam überlegen, wie es weitergehen soll.

Gibt es hierfür schon einen Termin?

Es soll jedenfalls noch in diesem Jahr geschehen.

Warum hat das Fliedner-Dorf eigentlich noch keine eigene, inklusive Kindertagesstätte?

Zu den offenen Fragen gehört auch diese. So ein Angebot wäre sicher eine sinnvolle Ergänzung.