Armes Ruhrgebiet? Lars Martin Klieve (CDU), Kämmerer in Essen, stimmt nicht in das allgemeine Gejammer mit dem Fingerzeig auf Bund und Land ein, als er am Montagabend in Saarn von der Kommunalpolitischen Vereinigung und der Mittelstandsvereinigung der CDU über Stadtfinanzen redet. Dabei ist der Mann aus der Nachbarstadt mit einem Minus von 2,3 Milliarden stark unter Druck. Aber er macht klar: Der Bund ist viel stärker verschuldet als die Länder und die Länder stärker als die Städte.
Für die Bürger, die über löchrige Straßen fahren, vor verschlossenen Büchereien stehen und von ihren Kindern hören, wie kaputt Schulen sind, fühlt sich das anders an im Ruhrgebiet, das einst, so Klieve, reich war. Warum der Absturz?
Sicher, da stimmt auch Klieve zu, die Städte müssten riesige Soziallasten schultern. Doch daran sind sie aus seiner Sicht nicht ganz unschuldig. Er führt vier Gründe an, die mit zur Finanzmisere beigetragen haben und in den Städten selbst liegen:
Da gibt es aus seiner Sicht eine verfehlte Stadtplanung, deren Ursprünge in Zeiten liegen, als die SPD in den Rathäusern uneingeschränkt den Ton angab. Statt auf selbst genutztes Eigentum zu setzen, förderte man dort lieber den sozialen Wohnungsbau. Wohl nicht ohne Grund, wie er meint, weil dort eben die eigene Wählerschaft wohnte.
Zweiter Grund: Einmal sozial schwache Gebiete haben eine Sogwirkung auf Schwächere. „Warum kommt die Armutswanderung gerade in Ruhrgebietsstädten an?“ Die Folge: Die Probleme verstärkten sich, und die Städte setzten Sozialarbeiter ein, um Not zu entschärfen. Die Probleme träten daraufhin noch massiver auf. „Wo viele Ärzte wirken, finden sie auch viele Krankheiten.“
Einen vierten Grund sieht er in der Größe der Kommunen, was zu anonymen Strukturen führe. „Keiner fühlt sich so recht verantwortlich.“ Größe führe dazu, vieles besitzen zu wollen. „In Essen“, erinnert er, „galt lange der Spruch: Jedes Jahr ein Bad im Bau.“ Die Kultur ist für ihn ein weiteres Beispiel dafür, dass man sich Dinge gönne, die man sich nicht leisten könne: etwa drei Philharmonien in drei Städten nebeneinander.