Mülheim. . Erneut finden Eltern für ihre KInder an Mülheimer Grundschulen keine Betreuung über Mittag. Politik und Stadtverwaltung verweisen auf fehlende Mittel. Einige Eltern sehen sich durch die Situation beruflich existenziell bedroht. Sogar an Wegzug wird gedacht.

Wohin mit meinem Kind, wenn die Schule mittags endet? Anja Seidel aus Saarn ist nicht die einzige Mutter, die mit Grauen an die Zeit nach den Sommerferien denkt. An der Grundschule Oemberg können nicht alle Erstklässler ganztägig betreut werden, an der Schule am Schildberg auch nicht, weitere 200 Kinder in der Stadt stehen schon jetzt ohne Platz da. „Der Ausbau der Plätze in den vergangenen Jahren reicht nicht aus und kann dem steigenden Bedarf nicht gerecht werden“, klagt Anja Seidel gegenüber Bildungspolitikern.

Viele Eltern waren gestern ins Rathaus gekommen, um ihre Notlage zu unterstreichen. „Viele von uns sind verzweifelt und stehen mit dem Rücken an der Wand“, heißt es, und die Frage macht die Runde: Ist Mülheim eigentlich eine kinderfreundliche Stadt, wenn nach dem Kindergarten die Betreuung nur noch begrenzt möglich ist? „Ohne ausreichende Ganztagsbetreuung ist eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie unmöglich“, betonen die Eltern und fordern ein ausreichendes, flächendeckendes Angebot an allen Grundschulen.

Stadt wendet fünf Mio. Euro im Jahr auf

2120 Kindern in 90 Gruppen bietet die Stadt derzeit einen offenen Ganztag an. Das ist eine Quote von 37,5 Prozent, und die werde in einer hohen Qualität erfüllt, heißt: Mülheim setzt mehr Personal für die Kinder pro Gruppe ein als andere Kommunen. Fünf Millionen Euro, rechnet Schuldezernent Ulrich Ernst vor, lasse sich die Stadt dies im Jahr kosten – trotz der hohen Schulden. „Das ist landesweit gesehen absolut respektabel“, betont er. Die Sorgen der Eltern kann er verstehen, er macht aber auch wie die Vertreter aller Fraktionen deutlich: Für mehr ist kein Geld mehr da. 55.000 Euro kostet jede zusätzliche Gruppe im Jahr. Durch Umschichten von Personal gelingt es der Stadt gerade mal, zwei weitere Gruppen einzurichten, dort, wo der Bedarf am höchsten ist. Von einem „Zwiespalt“ spricht Alexander Böhm (SPD) und sieht, dass der Vereinbarkeit von Beruf und Familie enge Grenzen gesetzt sind. „Es tut mir leid“, meint schlicht Werner Seeger (FDP).

Auf Vorschlag von Ratsherr Heiko Hendriks (CDU) soll die Stadtverwaltung nun prüfen, ob den Eltern jenseits der offenen Ganztagsschule Alternativen angeboten werden könnten, dort, wo es besonders brennt. Doch das tut es bei den meisten. „Es sollten auch noch mal die Standards in der Betreuung überdacht werden“, schlägt Sascha Birkner, ein Vater, vor. Ein anderer fragt sich, ob man als junge Familie nicht besser in eine Stadt ziehen sollte, die ein besseres Angebot mache.