Mülheim. .

Ein Ehepaar singt gemeinsam auf der Bühne Liebeslieder. Das lässt aufhorchen, umso mehr wenn das Paar Wolf und Pamela Biermann heißt. Hat der politische Sänger im Alter das Thema gewechselt? Und wer ist diese Pamela Biermann?

An die These, dass das Private politisch sein kann, erinnerte das Ehepaar Biermann gleich zu Beginn. „Ach die erste Liebe“, das Titelstück des Abends im Ringlokschuppen, ist ein Seufzer über die Einzigartigkeit der ersten Liebe und die Veränderungen bei der zweiten oder dritten. Doch der sowjetkritische Dichter Bulat Okudshava hat dieses Verfahren auch auf die Themen „Krieg“ und „Verrat“ angewendet. Oder „Le temps des cerises – Zeit der Kirschen“, geschrieben von Jean Baptiste Clement als Liebeslied, wurde es über die Jahre zur Erinnerung an die Zeit der Pariser Commune.

Schon an diesen Songs wurde klar, dass es den alten und zugleich einen neuen Wolf Biermann auf der Bühne gab. Vertraut war die Kraft seines Gitarrenspiels, in dem klassische und spanische Einflüsse auf den Bänkelsong treffen, vertraut war seine raue Stimme, die leidenschaftlich aufbraust, seufzt, stöhnt und mit ein paar Kieksern Stimmungen bricht. Neu war, dass er die Bühne teilen kann – und das mit einer Newcomerin. Dann die rund 25 Jahre jüngere Pamela Biermann ist zwar seit gut 30 Jahren Biermanns Lebenspartnerin, Managerin und Lektorin, den Schritt auf die Bühne aber wagte sie erstmals mit diesem Programm.

Klare Alt-Stimme

Zum Glück hat sie diesen Schritt getan. Ihr klarer Alt bringt mit Wärme Herzen zum Schmelzen, kann sie frostig-kühl auch gleich wieder erstarren lassen. Ihre hervorragende Bühnenpräsenz unterstreicht mit ein paar Gesten, sparsamer Mimik und eindringlichen Blicken.

Auf dem Programm standen internationale Volkslieder und Gedichte, die Wolf Biermann in singbares Deutsch übertragen hat. „Fliegen mit fremden Federn“ nennen die beiden das. Kokett Antibürgerliches gab es zu hören wie Georges Brassens „Geile Spießer“, mutwillig Albernes wie ein Calypso von Harry Belafonte übers Kinderzeugen, aber auch Bitteres wie die deutsche Fassung des Antikriegssongs „Johnny I hardly knew you“. Zu einen Höhepunkt geriet Louis Aragons „Glückliche Liebe, die gibt’s nie“, das schon mit den ersten Zeilen „Die Kraft nicht, noch die Schwäche / nichts hat der Mensch auf Dauer“ andeutete, dass es nicht nur um eine Liebe ging.

Stürmischer Beifall für einen konzentrierten und hinreißenden Wechselgang.