Mülheim. Die marode Blumendeller Buckelpiste soll rasch saniert werden. Die Rechnung für den ersten Ausbau in den 1950er Jahren müssen einige Anlieger dann wohl zusammen mit ihren Anteilen für den Neubau bezahlen.

Ihren Namen trägt die Blumendeller Straße zu Recht: Dellen im Asphalt wohin das Auge blickt. Der Nahverkehrsplan hält für lärmgeplagte Anlieger der Buckelpiste neue Zumutungen parat: Die Buslinie 129 soll morgens früher und abends länger an den Häusern vorbeiruckeln. Der Ruf nach rascher Reparatur der lautstarken Fahrbahn wurde inzwischen erhört. Allerdings wird die Sanierung etliche Hausbesitzer doppelt teuer zu stehen kommen: Denn für Teile der verbrauchten Straße hat die Stadt noch keine Anliegeranteile kassiert. Die Rechnung gibt es dann zusammen mit der für den Neuausbau.

„Die Fahrbahn ist völlig im Eimer“, sagt ein Anwohner, der sich im Namen von Nachbarn an Politik und Öffentlichkeit gewandt hat. Wenn der 129er Bus auf der Bröselbahn vorbeidröhnt, „dann zittert’s im Haus“, schildert er. Sein Fazit: „Die Schmerzgrenze ist erreicht. Nahverkehr muss sein, die Eignung von Wegen und die Belange der Anlieger sollten aber bei der Planung von Linien berücksichtigt werden.“

Teilweise Tempo 20

Viele Straßen noch nicht abgerechnet

Dass Städte für eine 60 Jahre alte Straße noch keine Beiträge gefordert haben, kommt gar nicht selten vor. Kompliziert ist die Berechnung, verwoben mit einem Baurecht, das sich durch Gesetze, städtische Satzungen und Gerichtsurteile laufend ändert. Was aber höchst selten vorkommt: Dass der Bau einer neuen Straße die Abrechnung der alten überholt und Anlieger doppelt zahlen müssen – wie es nun wohl an der Blumendeller Straße passiert.

Dass Abrechnungen liegen bleiben, hat viele Gründe, erklärt Klaus Schankat, Fachmann für dieses Thema in der Verwaltung. Oft reiche das vorhandene Planungsrecht nicht aus, widerspricht die vorhandene Straße Bestimmungen in (später erlassenen) Satzungen. Verjähren können die Kosten für die erste Herstellung in aller Regel nicht. Tatsächlich hat Mülheim mal eine Straße von 1909 abgerechnet. Die damaligen Kosten wurden 1:1 von Reichsmark in D-Mark übertragen. Für die Anlieger ein Schnäppchen.

Je wichtiger eine Strecke ist, umso geringer der Anteil der Bürger. An der Blumendeller Straße (trotz Anlieger-frei-Schild eine Haupterschließung) zahlen sie 55 % der Fahrbahn und 75 % des Gehwegs.

Zur Kasse gebeten werden nicht nur private Hausbesitzer. Über eine Grünfläche ist hier die Stadt mit im Boot, auch die Walldorfschule wird an den Kosten beteiligt.

„Die Leute haben recht“, bestätigt Stadtsprecher Volker Wiebels. „Die Straße ist nicht in Ordnung und wird eher schlechter.“ Auf einem Abschnitt gilt bereits Tempo 20. Darum wolle die Stadt die Blumendeller Straße „komplett neu machen und verkehrssicher herstellen. Flickschustern bringt da nichts mehr.“ Bevor die Bagger rollen, muss die Politik den Planungsauftrag erteilen, die Verwaltung einen Entwurf für den Ausbau vorlegen. „2015 ist optimistisch geschätzt, aber wir streben das an“, so Wiebels.

Eine kuriose und für einige Bürger teure Rechtslage ergibt sich indes bei den dann fälligen Anliegeranteilen. Die verbrauchte Straße (vermutlich aus den 1950ern, so genau lässt sich das nicht feststellen) wurde noch nicht abgerechnet.

Kuriose und teure Rechtslage

Auch eine Frage der Gerechtigkeit

Anlieger der Blumendeller Straße, die für die alte und die neue Straße zugleich zahlen sollen, werden sicher erstmal trocken schlucken. Verständlich. Sie baden aus, dass Mülheim (wie andere Städte) die Erhebung von Anliegerbeiträgen hat schleifen lassen.

Allerdings: Ihnen die Kosten zu erlassen, wäre ungerecht gegenüber allen Hausbesitzern, die für ihre Straße gezahlt haben (und für einen Neubau ebenfalls zur Kasse gebeten werden). Ungerecht aber auch gegenüber allen Steuerbürgern, die erwarten dürfen, dass eine Stadt Forderungen kassiert.

Was Mülheim an der Blumendeller Straße lernen kann? Dass offene Baukosten aufgearbeitet werden müssen. Und dass es billiger kommt, Straßen beizeiten zu pflegen. Die halten dann länger . . .

34 von 77 Eigentümern haben eine Ablösung bezahlt, zehn immerhin einen Vorschuss auf die Kosten geleistet . Bleiben 33 Anwohner, die noch zahlen müssen. „Einen Erlass dieser Kosten gibt der rechtliche Rahmen nicht her“, sagt Klaus Schankat, in der Verwaltung zuständig für Ausbau- und Erschließungsbeiträge. Zugleich werden aber alle Anwohner nach dem nun geplanten Ausbau auch die Rechnung bekommen für die neue Straße. Zu Details – voraussichtliche Höhe der Anliegeranteile, Zeitpunkt der Abrechnung – wagt Schankat indes keine Prognosen.

Die SPD lädt Anwohner zum Ortstermin ein am Samstag, 8. Februar, 11 Uhr, ab Waldorfschule.