Mülheim. Egal ob ausstehende Gewerbesteuern mit 12,2 Mio Euro, unbezahlte VHS-Kurse oder offene Friedhofsrechnungen - auch Kleinbeträgen muss die Stadtkasse Mülheim hinterherlaufen. Wenn Schuldner gar nicht reagieren, wird die Vollstreckungsbehörde aktiv. Dort gibt es derzeit 8800 laufende Verfahren.

Auch eine Stadt muss dem Geld bisweilen hinterherlaufen: Unbezahlte VHS-Kurse, ausstehende Steuern und Gebühren oder offene Friedhofsrechnungen summieren sich in Mülheim auf fast 35 Millionen Euro (Stichtag 31. Dezember 2011, neuere Zahlen gibt es nicht), berichtet Stadtsprecher Volker Wiebels.

Der dickste Batzen sind offene Gewerbesteuern (12,2 Mio €), vor Rückforderungen von Sozialhilfe (4,5 Mio) und Unterhaltsvorschüssen (3,5 Mio). Die Stadt wartete am Stichtag zudem auf 1,15 Mio Euro Vergnügungssteuern, 270.000 Euro Hundesteuern oder 600.000 Euro unbezahlter Knöllchen. Nicht immer geht es um Kleinbeträge. Einzelne Bürger und Firmen schulden Mülheim sechsstellige Summen.

1,1 Mio Mahn- und Pfändungsgebühren

Manchmal entstehen durch Schulden neue Schulden: Als Forderungen standen in den Büchern der Stadtkasse auch 1,1 Mio Mahn- und Pfändungsgebühren, 1 Mio Säumniszuschläge sowie 1,5 Mio Euro Zinsen auf Gewerbesteuern.

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Die Zahlen ergeben nur eine Momentaufnahme, da laufend Außenstände beglichen werden und neue auflaufen. Ob sich aus den steigenden Summen (2010 waren’s nur gut 31 Mio Euro) ablesen lässt, dass die Zahlungsmoral sinkt? Wiebels ist bei der Bewertung zurückhaltend. Denn trotz höherer Summe musste die Stadt 2011 weniger Mahnungen (30.200) verschicken als im Jahr zuvor (32.800). Auch die Reaktionen auf die Mahnungen lassen nicht auf wachsende Saumseligkeit schließen: 2010 wurden 46 % der Rechnungen nach der ersten Mahnung beglichen, 2011 waren es 54 %. Um den Geldfluss zu beschleunigen, hat die Stadt 2012 die Mahnzyklen verkürzt auf jetzt alle drei Wochen.

Manche vergessen die Rechnung, manche bezahlen vorsätzlich nicht

Die Gründe für die Außenstände sind vielschichtig. Es gebe Bürger, die in misslicher Lage vorübergehend nicht zahlen können oder die Rechnung schlicht vergessen haben. Aber es gebe „leider auch Mitbürger, die bewusst und vorsätzlich die Rechnungen der Stadt nicht bezahlen“, so Wiebels. In diesen Fällen wird die Vollstreckungsbehörde aktiv – derzeit in 8800 laufenden Verfahren.

Dass die Zahlungsmoral insgesamt schlechter wird, bestätigt Hans-Gerd Bachmann, Geschäftsführer des Energieversorgers Medl. „Unser Forderungsbestand hat zugenommen.“ Früher kümmerte sich ein Mitarbeiter um säumige Zahlen, inzwischen sind es drei. Schwankend zwischen 50.000 und 200.000 Euro müsse der Versorger dabei jedes Jahr komplett abschreiben, in der Regel nach Privat- oder Firmeninsolvenzen. Bei 300 bis 400 Kunde laufe das Unternehmen regelmäßig den Rechnungsbeträgen hinterher. Bachmann: „Dranbleiben, heißt dabei unsere Philosophie. Sonst haben wir keine Chance.“