Es ist fast wie ein konspiratives Treffen: Am Morgen an der Eisenbahnbrücke treffen sich acht Naturschutzfreunde und die siebenjährige Alexandra, um zur Wasservogelzählung aufzubrechen.
Es hat in der Nacht gefroren, die Sonne geht gerade über dem Kahlenberg auf, und der Nebel über dem Fluss beginnt sich zu lichten. Thomas Brüseke vom Nabu, wie immer hat er seinen Hund Arne dabei, leitet die Zählungen seit 1998: „Von Oktober bis März zählen wir monatlich von der Müga bis nach Saarn die Vögel auf dem Fluss oder in seiner unmittelbaren Nähe“, erklärt der Vogelkundler.
Dazu gehören alle Enten- und Gänsevögel, Rallen, Reiher oder Eisvögel, bis zu 25 Spezies. „Die Kormorane verzeichnen wir allerdings nicht, die zählt Ulrich Wienands vom Nabu auf ihren Schlafbäumen.“ Die Gruppe startet gemeinsam, jeder ist mit einem Fernglas und einem Block ausgestattet, auf dem die heimischen Vogelarten verzeichnet sind.
Monika und Jürgen Perns nehmen mit Tochter Alexandra zum ersten Mal an der Zählung teil und gehen mit Thomas Brüseke, um noch etwas zu lernen. Monika Perns ist von klein auf aktiv im Tierschutzverein, versucht bewusst zu leben. „Ich helfe mit meinem Mann am Mulhofs Kamp auf der Nabu-Obstwiese oder bei der Nistkästenreinigung“, sagt sie, den morgendlichen Ausflug genießend. Ihr Traum sei die Gründung einer Naturschutzjugend-Gruppe in Mülheim, in der dann bald Tochter Alexandra aktiv werden könnte.
Die Zähler teilen sich auf die jeweiligen Ruhrseiten auf, damit ihnen kein Vogel durch die Lappen geht. „Im Winter vergesellschaften sich die Vögel, das ist die beste Zeit für eine Zählung. Ab dem Frühjahr leben sie individueller“, erklärt der Experte. Die Zählung sei nur mit Unterstützung ehrenamtlicher Enthusiasten umsetzbar.
Los geht’s – an der Stadthalle wird zuerst die Anzahl der nicht zu übersehenden Kanadagänse vermerkt. Dann zücken alle das Fernglas, um die Enten im neuen Hafenbecken zu zählen. Bei einigen Arten gebe es Einbrüche in der Population, bei anderen auch Steigerungen, wie bei den Krickenten. Da sei die Menge von zwölf auf rund 25 angestiegen. Abgenommen habe in Mülheim die Zahl der Teichrallen, der Zwerg- und Haubentaucher. Auch Tafelenten habe es schon mal mehr gegeben. „Das muss aber nicht bedeuten, dass sie weniger geworden sind, sie halten sich vielleicht nur in anderen Revieren auf“, erklärt Brüseke. Ein Schwarm Möwen ist am Himmel zu beobachten. Es gebe hier Lachmöwen, Sturmmöwen und ab und zu auch einige Silbermöwen oder Mantelmöwen. Reiherenten und Blessrallen tummeln sich am Ruhrkristall. „Hier brütet auch der Eisvogel regelmäßig“, freut sich Thomas Brüseke.
Unterhalb des Wehrs schaukeln zwölf Blessrallen im Wasser. Der Eisvogel lässt sich auch in seinem Revier in der Aue nicht blicken, dafür zählt die Gruppe einige hübsche Exoten wie Mandarin-Enten, eine Reiherente oder eine Zwerggans. Die Krickenten möchten wohl nicht gezählt werden – sie verstecken sich im Nebel, es erklingt nur hr Ruf.