Mülheim.

Regelmäßig kürt der Siemens-Konzern seine „Erfinder des Jahres“. In der jüngsten Runde war Dr. Michael Ott aus Mülheim dabei. Er hat, gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Lasertechnik in Aachen, ein neuartiges Verfahren entwickelt, um beschädigte Schaufeln von Gasturbinen zu reparieren. Da jede einzelne Schaufel mindestens so viel kostet wie ein Kleinwagen und in jeder Turbine Hunderte davon rotieren, eine zweifellos geldwerte Idee...

Sie sind hauptberuflich Erfinder, stimmt das?

Dr. Michael Ott: Nein. In der Realität habe ich zwar täglich Ideen, aber nicht die Zeit, sie alle auszuführen. In erster Linie muss ich unseren Kunden Produkte liefern. Ich bin daher kein Erfinder, sondern es fällt einfach ab, wenn wir ausgetretene Pfade verlassen. Übrigens geschieht das fast immer im Team.

Ihr Arbeitgeber teilt mit, Ihre Ideen hätten schon zu 93 Einzelpatenten geführt. Auf welches sind Sie besonders stolz?

Ott: Ich würde keines hervorheben. Diese Erfindungen sind auch selten der große Wurf, sondern meist Detailarbeiten. Aber jede hat ihren Wert.

Man sagt: Not macht erfinderisch. Ist das auch Ihre Erfahrung?

Ott: Ja klar, das ist ein starker Antrieb. Es gibt kein Entwicklungsprojekt ohne Bedarf. Wenn Bauteile in Gasturbinen nicht ganz optimal gestaltet sind, nehmen sie bei Betriebstemperaturen von mehr als 1000 Grad Celsius Schaden. Dies zu beheben, ist die Marktnische – die Not, wenn Sie so wollen.

Reparieren Sie auch im privaten Bereich so gerne defekte Dinge?

Ott: Ich bin jemand, der gerne tüftelt und technische Probleme löst. Insofern habe ich tatsächlich das, was ich mag, zum Beruf gemacht. Es hat auch mit meiner familiären Herkunft zu tun: Mein Vater war gelernter Schmied und hat immer an irgendetwas herumgefrickelt.

Woran werkeln Sie zu Hause?

Ott: Gerne an unseren Fahrrädern und Motorrädern. Oder: Vor Weihnachten hat unsere Spülmaschine den Geist aufgegeben, aber ich konnte sie reparieren. Da gibt es keine Berührungsängste.

Werfen die Menschen zu viele Sachen zu schnell weg?

Ott: Ich glaube ja.

Wo fällt Ihnen das besonders auf?

Ott: Wenn ich, was oft vorkommt, mit dem Rad zur Arbeit fahre, sehe ich am Straßenrand all die Elektrogeräte, bei denen sich eine Reparatur vielleicht finanziell nicht lohnt. Es ist auch eine Frage der Mentalität. Mich persönlich reut es um jedes Stück, was ich wegwerfen muss.

Sie haben auch eine Zeit lang für Siemens in den USA gearbeitet. Was haben Sie von diesem Aufenthalt mitgebracht?

Ott: Eine gewisse Entspanntheit. Die Deutschen sind sehr „pushig“, in den USA findet man eher die Einstellung: Leben und leben lassen. Mit meiner Frau habe ich in den Jahren 1999 und 2000 in Virginia gelebt, direkt am Atlantik. Das war eine ganz tolle Zeit.

Können Sie sich vorstellen, erneut ins Ausland zu gehen?

Ott: Ja, es müsste aber der richtige Ort sein. Meine Familie und ich sind nicht so an die Scholle gebunden, dass wir unbedingt in Mülheim bleiben müssen. Meine Frau und ich kommen beide aus Süddeutschland, da ist das Leben im Ruhrgebiet nicht immer ganz leicht.

Was vermissen Sie?

Ott: Manchmal fehlt die Abgeschiedenheit. Hier sind überall so viele Menschen. Auch die Berge vermissen wir, ganz klar. Und ein gescheiter Winter wäre auch ganz schön.

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