Mülheim. .

Mülheim an der Ruhr, 7. Januar 2014, 13 Grad Celsius. Die ersten Zwiebelpflanzen sprießen, gelbe Blüten prangen an einigen Forsythien, Azaleen, Magnolien und Rhododendren sind schon auf dem besten Weg zur Blüte. Auch die Singvögel sind frühlingshaft gelaunt und trällern wie zur Osterzeit. Die Menschen hängen ihre Wintermäntel weg, holen dünnere Kleidung aus dem Schrank – rufen aber gleichzeitig nach winterlichem Wetter und beklagen die „unnormale Wärme“.

Aber sind die Temperaturen wirklich so unnormal und schaden sie Flora und Fauna? Die Experten können das nicht unbedingt bestätigen. Ornithologe Tobias Rautenberg von der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet erinnert an die frostfreien und milden Wintermonate des vergangenen Jahres, die durch das so lange kalte Frühjahr schon in Vergessenheit geraten sind. Er bestätigt: „Die Kohlmeise ist bereits in Frühlingsstimmung, beginnt damit, ihre Reviere zu besetzen. Aber mit der Brut fängt noch keine Vogelart an“, sagt der Biologe.

Blau- und Kohlmeisen oder Rotkehlchen genießen das warme Wetter eher. Auch kehren die Zugvögel noch nicht zurück, wie zum Beispiel die Kraniche aus Frankreich. Viele von ihnen ziehen erst gen Süden, wenn es so richtig kalt wird. So haben etliche Kranich-Kolonien Niedersachsen noch nicht verlassen. „Die Zaunkönige sind zum Beispiel Insektenfresser“, erklärt Elke Brandt, stellvertretende Vorsitzende des Nabu (Naturschutzbund) Ruhr. Sie profitierten von der Wärme, hätten bei großer Kälte eher Probleme mit der Nahrungssuche. Auch dem Eisvogel seien eisfreie Gewässer willkommen.

„Haselnuss oder Winterkirsche blühen ohnehin zu dieser Jahreszeit“

„Allerdings habe ich erst vorgestern in Mintard eine Zwergfledermaus gesehen, die sollten jetzt im Winterschlaf sein. Darüber habe ich mich schon gewundert“, sagt Elke Brandt. Die klassische Winterruhe fehle bislang, erklärt die Expertin. Es würden sicherlich noch Temperaturrückschläge kommen.

Davon könnten sich einige Pflanzen, die nun zu früh blühen, erholen. Andere hingegen hätten eben ein schlechteres Jahr vor sich. Ganz nach der Redewendung: „Was dem einen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall“, seien Temperaturextreme in der Natur nicht immer nachteilig, es habe sie immer gegeben, so Elke Brandt.

„Für die Pflanzen ist das warme Wetter weit leichter zu verkraften als Störungen, die der Mensch verursacht und die ganze Lebensräume zerstören“, mahnt die Naturschützerin. Auch Sylvia Waage, Leiterin des Grünflächenamts, sieht aktuell keinen Anlass zur Sorge über die milden Temperaturen. „Sorgen müssen wir uns erst machen, wenn diese länger anhalten“, sagt sie.

Einige Pflanzen, wie die Haselnuss oder die Winterkirsche, blühen ohnehin. Für sie sei das nichts Außergewöhnliches.