Nach zwei Jahren Diskussion liegen nun die Ergebnisse des Leitbild-Prozesses vor. Eine klare Marschrichtung fehlt - und schon das Titelbild der dazugehörigen Broschüre ist nicht mehr auf dem neuesten Stand
Nach gut zweijähriger Vorbereitung liegt es nun auf 70 reich bebilderten Seiten endlich vor: das Leitbild, das, gesponsert von der Wirtschaft, der Politik für das nächste Jahrzehnt eine Orientierungsmarke bieten soll. In der Aufmachung erinnert die Broschüre, die die Rathausdruckerei in 5000 Exemplaren gedruckt hat, allerdings eher an ein Werbeheft der Stadtmarketing-Gesellschaft.
Aber bietet es denn überhaupt die versprochene Orientierung?
Schaut man sich die Luftaufnahmen auf dem Umschlag genau an, so weisen diese eher in die Vergangenheit als in die Zukunft. Die Fotos dürften gut zehn Jahre alt sein, denn Veränderungen, die seitdem als wegweisend gefeiert wurden und so manch einer gerne zurück drehen würde, sind darauf noch nicht erkennbar: das Ruhrufer vor dem Rathaus ist grün, der Rathausanbau steht noch ebenso wie die Bücherei und selbst das Stadtbad ist noch nicht in Wohnungen umgewandelt worden, was unschwer an dem Schornstein zu erkennen ist. Und die Rampen und Hochbrücken an der Konrad-Adenauer-Brücke, deren Verschwinden den Autofahrern so viel Verdruss bereitet, gibt es auch noch. Und von der neuen Feuerwache und der Hochschule an der Duisburger Straße ahnte noch niemand etwas. Wohl ein Versehen.
Keine klare Marschrichtung
Und inhaltlich? Eine klare Marschrichtung, ein Nenner auf den sich die unterschiedlichen Bereichen auch in wenigen Sätzen zusammen fassen ließen, gibt das Leitbild nicht her. Es bleibt bei der Analyse von Stärken und Schwächen von 17 thematischen Themen und neun regionalen Schwerpunkten und dazu gehörenden Zielen. Diese Ziele sind so allgemein formuliert, dass sich darauf jeder verständigen könnte und die meisten liegen ohnehin auf der Hand. Zum Thema Wohnen heißt es: „Das Image als beliebte Wohnstadt weiter stärken“ oder „die vorhanden Wohnqualitäten weiter ausbauen sowie Defizite abbauen“; und zur Innenstadt: „ein auf Individualität und Identität ausgerichtetes Einkaufserlebnis schaffen.“ Und zur Verkehrsführung in der Innenstadt: „die verkehrliche Erschließung der Innenstadt zügig verbessern“. Wer wäre dagegen?
Für Oberbürgermeister Dagmar Mühlenfeld ist das Leitbild „ein lebendiger demokratischer Prozess“, an dem viele mit Ideen, Sachverstand und Kreativität teilgenommen haben. Alle Teilnehmer der Workshops sind im Anhang genannt, vielfach handelt es sich um jene, die sich ohnehin in Parteien und Vereinen engagieren. Interessant ist, dass die stärkste Regionalrunde in Eppinghofen tagte und selbst in Styrum mehr kamen als in den wohlhabenden Stadtteilen Saarn, Selbeck und Mintard.
Nicht für die Schublade
In der Schublade soll das Leitbild jedenfalls nicht verschwinden, fordert Mühlenfeld. Dafür sorge schon die Steuerungsgruppe, die alle zwei Jahre Bilanz ziehen soll. „Hinter einem Projekt kann man schon jetzt einen Haken machen“, freut sich Mühlenfeld: die bessere Vernetzung der Forschungseinrichtungen: Regelmäßige Treffen zwischen den beiden Max-Planck-Instituten, dem Institut für Wasserforschung IWW und der Hochschule sind schon ins Leben gerufen. Wichtiger als die Broschüre sind die 68 Leitprojekte, die im Anhang aufgeführt sind. Ihnen allen sind Paten zugeordnet, die dafür sorgen, dass das Projekt umgesetzt wird.
„Das fertige Leitbild ist nicht das Ende, sondern der Anfang eines umfangreichen Prozesses“, so Hanns-Peter Windfeder, Vorsitzender des Unternehmerverbandes in seinem Vorwort.