Die CDU hatte in den vergangenen Jahren immer wieder mal kritisch die vielen Gutachten und den eingekauften Expertenrat hinterfragt. Bis zu einer Million Euro hat die Stadt zeitweise im Jahr dafür ausgegeben. Muss das alles sein?
Die Zinswetten mit inzwischen zweistelligen Millionenverlusten für die Stadt macht auch dies deutlich: Wenn viel auf dem Spiel steht, sollte und darf eine Stadt sich nicht scheuen, frühzeitig Expertenrat einzukaufen. Auch dadurch lässt sich sparen. Im Fall der Zinswetten, wenn man sie denn schon eingehen will, stand sehr viel auf dem Spiel. Grob fahrlässig hat keiner in der Stadtverwaltung dabei nach allen Bewertungen gehandelt, wohl aber gefährlich. Mit privatem Geld wäre kaum einer in der damaligen Kämmerei und im Verwaltungsvorstand auf solche Geschäfte eingegangen. Mit Steuergeldern schon. Warum? Selbstüberschätzung? Vielleicht. Oder: Überforderung in der komplexen Finanzmaterie? Sicherlich. Was an sich kein Vorwurf sein soll, wohl aber, dass man dies nicht selbst erkannt und gespürt und auch der Politik nicht signalisiert hat. Ein ,Wir sind unsicher’ hätte gereicht. Darauf hat Politik auch einen Anspruch.
Nur von Chancen gehört
Die Politik sagt heute, und das quer durch alle Fraktionen: Wir hätten gerne auch erfahren, dass diese Finanzgeschäfte massive Risiken in sich bergen. Ihnen sollen nur die Chancen vorgeführt worden sein. Auch die Politik war hier überfordert und hätte sich daher besser auf ihr Bauchgefühl verlassen sollen, wie einzig und allein es die damalige CDU-Ratsfrau Margit Toma-Dislich tat. Sie machte nicht mit, weil sie ein ungutes Gefühl hatte. Wer in ein Spielcasino geht, weiß, dass er viel verlieren kann – so einfach ist das.
Portion an Vertrauen
Der Schaden ist da. Verantwortung hat bisher keiner übernommen. Das verwundert und hat nichts damit zu tun, jemanden an den Pranger zu stellen. Das will keiner. Es gelingt hoffentlich, das Ausmaß der Verluste mit Hilfe der Gerichte zu minimieren. Aber der Schaden ist nicht nur finanzieller Art. Es gibt auch einen politischen Schaden. Die Kontrolle der Verwaltung hat hier nicht funktioniert. Gut, ohne eine gesunde Portion Vertrauen geht es nicht, gerade nicht für einen ehrenamtlichen Rat. Und doch sollte ein Stadtrat mehr hinterfragen, nicht aus puren Misstrauen heraus, sondern um Risiken eher zu erkennen, um Entscheidungen für die Bürgerschaft sicherer und risikoärmer treffen zu können. Das setzt Offenheit im Rathaus voraus, ein Muss. Ein Rat hat nicht nur Verantwortung für eine Wahlperiode. Viele seiner Entscheidungen gehen weit über fünf Jahre hinaus – beim ÖPNV ist es jetzt wieder der Fall, beim Bau der Feuerwache war es der Fall.
Wer ständig – zu Recht auch – Richtung Land und Bund nach Hilfe ruft, Bürgern und Unternehmen immer neue Belastungen aufbürden muss, weil das Geld nicht reicht, muss Lehren aus den Zinswetten ziehen – nicht nur juristischer Art.