Am 1. Dezember 1883 begann die Geschichte der Mülheimer Stadtbibliothek. Damals öffnete im alten Rathaus, genauer im Zimmer 18 des zweiten Obergeschosses, eine Lehrerbücherei.

Am 1. Dezember 1883 begann die Geschichte der Mülheimer Stadtbibliothek. Damals öffnete im alten Rathaus, genauer im Zimmer 18 des zweiten Obergeschosses, eine Lehrerbücherei. Diese ging vermutlich auf die Initiative einiger Lehrer zurück, die wohl auch die ersten Bestände katalogisiert haben dürften. Das Besondere an dieser Bibliothek ist, dass sie nicht nur auf den Nutzerkreis der Mülheimer Pädagogen beschränkt, sondern öffentlich und allgemein zugänglich gewesen ist. Damit war diese Lehrerbücherei die erste öffentliche Bibliothek Mülheims in städtischer Trägerschaft und stellt somit die Keimzelle unserer heutigen Stadtbibliothek dar.

Nun war diese Bibliothek zwar öffentlich zugänglich, tatsächlich waren die Öffnungszeiten jedoch sehr beschränkt. Lediglich an zwei Tagen in der Woche für jeweils zwei Stunden geöffnet, war diese Zugänglichkeit weit vom Dienstleistungsgedanken entfernt. Es fehlte schlicht an Personal, das sich, womöglich sogar fachlich versiert, um die Bibliothek kümmern konnte. Das sollte bis in die 1920er Jahre so bleiben. In den Anfangsjahren der Lehrerbücherei betreute lediglich ein städtischer Sekretär die Öffnungszeiten und notierte Entleihungen und Rückgaben. Fachliche Beratung der Besucher oder sonstige bibliothekarische Arbeiten fanden kaum statt. Der Erfolg der Bücherei war entsprechend mäßig, obwohl sie 1887 mit der ebenfalls 1883 gegründeten Rathaus- bzw. Verwaltungsbücherei zur „Städtischen Ausleihbibliothek“ zusammengeschlossen wurde. Spätestens ab diesem Zeitpunkt standen auch die Bestände dieser speziellen, an den Bedürfnissen von Rat und Verwaltung orientierten Bibliothek, der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Erstmals 1891 erschien ein „Katalog der Stadtbibliothek zu Mülheim an der Ruhr“ im Druck. Damit ist nicht nur die Bezeichnung „Stadtbibliothek“ offiziell an Stelle des etwas sperrigen „Städtische Ausleihbibliothek“ getreten. Dieser Katalog, der im Stadtarchiv aufbewahrt wird, vermittelt auch auf über 100 Seiten die gesamte Breite des Angebots von der pädagogischen Literatur – sicherlich den Ursprüngen als Lehrerbibliothek geschuldet – über schöngeistige Literatur, Werke der Naturwissenschaften, der Geschichte, der Theologie bis hin zum Verwaltungswesen, Armenfürsorge, Volkswirtschaft und den ganzen Bereich, der durch die Verwaltungs- bzw. Rathausbibliothek in den Bestand eingebracht wurde.

Die Bibliothek hatte zu diesem Zeitpunkt einen Bestand von rund 2300 Titeln. Allerdings lassen sich nur etwa 130 dem Bereich der schöngeistigen Literatur zuordnen. Vermutlich ist diese inhaltliche Begrenzung neben den sehr eingeschränkten Öffnungszeiten ein Grund, warum die Stadtbibliothek in ihren Anfangsjahren mit ca. 6000 Entleihungen pro Jahr nicht sonderlich erfolgreich gewesen ist. Die Verantwortlichen ließen sich davon jedoch nicht entmutigen und haben im Laufe der Zeit immer wieder Schritte unternommen, die Rahmenbedingungen auch in schwierigen Zeiten durch räumliche, personelle und finanzielle Veränderungen zu verbessern. Seit dem Bezug des Medienhauses im Jahr 2009 hat sich die Stadtbibliothek an ihrem vorerst letzten Standort zu einer modernen Bibliothek und zu einem wichtigen Kulturort in Mülheim an der Ruhr entwickelt.

Medienhaus brachte die Wende

Die Jahre rund um das Jahr 1980 – kurz vorm 100. Jubiläum – waren die Hochzeit der Mülheimer Stadtbibliothek: Über eine Million Medien, meist Bücher, im Jahr liehen die Mülheimer damals aus. 1981 waren es genau 1 115 164 Ausleihen, eine seitdem nie wieder erreichte Zahl. Sieben Zweigstellen hatte man damals, und der Bücherbus kurvte durch die Stadt. Danach ging es bergab, mit der Zahl der Standorte und der Ausleihen. Erst das 2009 eröffnete Medienhaus brachte die Wende: Wolfgang Jordan, der stellvertretende Leiter der Stadtbücherei, spricht heute von rund 900 000 Ausleihen jährlich.

Vier Stadtteilbibliotheken neben der Hauptstelle am Synagogenplatz gibt es aktuell mit insgesamt rund 270 000 Medien. Diese, sagt Jordan, „haben sich in den vergangenen Jahren sehr verändert“. In einer Bücherei gibt es eben nicht nur Lesestoff, sondern u.a. auch Filme. „Früher hatten wir nur Gesellschaftsspiele, heute haben wir auch Konsolenspiele für Playstation oder X-Box.“ Ein großer Schritt war laut Jordan die Onleihe: Seit Anfang 2012 können elektronische Medien über das Internet ausgeliehen werden.

Trotz dieser Weiterentwicklung glaubt Jordan nicht, dass die Höchstzahlen der 1980er abermals erreicht werden können. Die weggefallenen Standorte, die Aufgabe des Bücherbusses, führt er als Gründe an und verweist auf die gestiegenen Preise, die einem gleichbleibenden Etat gegenüberstehen, was effektiv eine Reduzierung bedeute. Das Medienhaus, „die Investition in ein neues Gebäude“, habe sich „gerechnet“, sagt Wolfgang Jordan, der um das positive Image des Hauses weiß. Doch: „Das bedeutet nicht, dass jeder, der es positiv wahrnimmt, auch zu uns kommt“.