Die erste Phase bei der Unterstützung neuer Wohnformen durch die Stadt ist jetzt beendet. Nach dem Abschluss der Workshops, für die der Architekt Norbert Post und die Projektsteuerin Birgit Pohlmann engagiert wurden, die beide schon zahlreiche Wohngruppen-Projekte realisiert haben, müssen die Interessenten jetzt selbst laufen lernen. Nach dem Workshop haben die Gruppen inzwischen auch Treffen mit und auch ohne das Dortmunder Team hinter sich und weitere Termine sind vereinbart.
Sanfter Druck der Stadt
Die richtige Arbeit beginnt erst jetzt. Die Gruppen, die noch für weitere Interessenten offen sind, müssen sich formieren, ihre Bedürfnisse formulieren, das Verhältnis zwischen Gemeinschafts- und Privatfläche klären und die ersten rechtlichen und planerischen Schritte einleiten. Sie müssen eine Gesellschaft gründen und einen Planer beauftragen. Bis das soweit ist, wird es voraussichtlich März. Den Prozess kann, muss aber nicht der Architekt Norbert Post begleiten, der für alle drei Grundstücke schon mal grobe Skizzen angefertigt hat. In jedem Fall aber bedeutet das, dass die Phase der Unverbindlichkeit vorbei ist und es ab jetzt kostet. Pro Quadratmeter sind das 15 Euro für Planungskosten und zusätzlich 5 Euro für die Projektsteuerung und Moderation. Das bedeutet aber nicht, dass jetzt einige Interessenten für ihre künftigen Mitbewohner die komplette Summe aufbringen müssen, versichert Pohlmann, aus deren Sicht das finanzielle Risiko, das jeder eingeht, begrenzt ist.
Sanfter Druck kommt aber von der Stadt. Bis zum Jahresende sollte von den Gruppen zumindest ein Signal kommen, dass sie es ernst meinen, sagt Torsten Kamp, der das Projekt im Planungsamt begleitet. Anfang des Jahres ist dann die Politik am Zug. Für die drei Grundstücke soll der Richtwert, nicht der in der Regel höhere Verkehrswert gelten. Taxiert werden die Grundstücke auf knapp 200 Euro pro Quadratmeter in Heißen und am Klöttschen und auf 250 Euro in Speldorf.
Betreutes Wohnen
In Heißen ist die Lebenshilfe interessiert. 10 bis 20 junge Erwachsene mit geistiger Behinderung sollen hier den Schritt in die eigene Wohnung wagen und je nach ihren individuellen Bedürfnissen Betreuung erhalten können. Einer, der sich in der Elterninitiative engagiert, ist Frank Peylo. „Wir haben hier eine bunte Mischung und sind auf einem guten Weg.“ Mit dabei ist auch die Essener Gruppe Stadthaus, die in der Nachbarstadt schon mehrere Enttäuschungen erleben musste und nun für Heißen neuen Mut fasst.
Den Termindruck findet Peylo nicht schlecht. „Wir sind auch bereit, Gas zu geben. Etwas Druck ist gar nicht so schlecht, sonst kommt man nicht richtig in die Puschen.“ So hofft er, dass alle konstruktiv und zielorientiert mitmachen.Wie die Konstruktion aussehen könnte, ist noch offen, ob etwa eine Genossenschaft gegründet wird. Mit dem Mülheimer Wohnungsbau, der in Saarn auch Erfahrung mit dem Thema Alternative Wohnformen sammelt, habe man bereits Kontakt geknüpft. „Wir wollen aber auch dem Stadtteil etwas geben“, sagt Peylo für die Lebenshilfe. Klar sei das noch nicht, gedacht werde aber in Richtung Café oder Fahrradwerkstatt.
Den Anschub durch die Verwaltung findet er großartig, weil sich dadurch so etwas wie ein Netzwerk gebildet habe, in das alle eingebunden sind, die mit ähnlichen Ideen unterwegs sind, von denen man sonst nicht unbedingt etwas wüsste. Neben dem Verein Lina (Leben in Nachbarschaft alternativ) um Peter Brill, der in Saarn ein Projekt mit dem Haus Senfkorn im Kern anstrebt, sind das die „Raumteiler“ um Matthias und Susanne Neef, die an einem Teil des Grundstücks am Klöttschen Interesse haben. „Wir sind aber nicht darauf fixiert“, sagt Neef, der schon seit längerer Zeit im engeren Kontakt mit der Stadt steht. Die Gruppe, die sich ein klares ökologisches Profil gegeben hat, ist durch das öffentliche Interesse an dem Thema noch gestiegen. So sind zu den bestehenden sieben Parteien mit 13 Personen noch weitere drei, vier Familien gestoßen. Anfang des Jahres soll klar sein, wohin es die „Raumteiler“ zieht. Es bleibt spannend, finden die Beteiligten.