Mülheim. . Die Finanzpolitik in Mülheim erntet beim WAZ-Leserbeirat, der sich am Mittwoch Abend zur Diskussionsrunde in der Redaktion traf, die meiste Kritik. „Eine Katastrophe“, sagt der Beirat und kann nicht erkennen, dass es in Mülheim ernsthafte Sparbemühungen gibt. In ihrer Bilanz verteilen die Bürger aber auch viel Lob.

Die Ratsperiode neigt sich dem Ende entgegen. Derzeit ist nicht einmal sicher, ob es in zwei Wochen im Stadtrat eine Mehrheit für den Haushalt 2014 gibt. Wieder wird es ein neues Defizit von rund 90 Millionen geben, wieder sollen Steuern erhöht werden. Die Finanzpolitik in Mülheim diskutiert der WAZ-Leserbeirat: „Mülheim hätte vor Jahren wie Düsseldorf die RWE-Aktien verkaufen sollen, als sie noch sehr hoch im Kurs standen. Jetzt haben sie massiv an Wert verloren und haben Mülheim noch ärmer gemacht“. Wie läuft es in Mülheim? fragten wir. Der Leserbeirat übte bissige Kritik und zählten aber auch viel Positives auf. Eine Bilanz.

+ + + Als sehr gelungen und als echte Bereicherung für die Mülheimer Innenstadt beurteilt der Leserbeirat das Medienhaus, insbesondere in der Kombination mit der Stadtbücherei, dem Café und dem Kino. „Das ist für mich eine gelungene Investition, auch die Architektur stimmt“, lobt Dietmar Schroer. Insgesamt bewertet der Beirat auch die vielen kulturellen Aktivitäten dort, wie etwa KIM oder das gemeinsame Singen am Abend, sehr positiv.

+ + + Überhaupt bekommt die Kultur gute Noten. „Das Museum hat sich hervorragend entwickelt“, meint Ursula Haake und verweist auf neue Aktionen dort. Einen Gewinn sieht der Leserbeirat im neuen Haus der Stadtgeschichte mit Stadtarchiv und Musikschule. Dazu wurde die ehemalige Augenklinik umgebaut und modernisiert. Auch wenn hier reichlich Stiftungsgelder geflossen seien, die Stadt habe das Projekt vor allem positiv begleitet und unterstützt. Erstaunlich sei, dass gerade die Kultur, bei der die Stadtverwaltung zunächst kräftig sparen wollte, sich so gut entwickelt habe, heißt es einhellig.

+ + + Lob erhalten Stadtverwaltung und Stadtpolitik auch für die Sanierung vieler Schulen in den letzten Jahren. „Da ist vieles gut gemacht geworden“, hieß es. Oder: „Insgesamt gelungen, wertvolle pädagogische Investition.“

+ + + Ein Plus kann die Sportpolitik einstecken. „Es ist positiv zu bewerten, dass es trotz knapper Haushaltsmittel gelungen ist, Sportplätze nach und nach mit Kunstrasen auszustatten.“ Die Aschenplätze hatten bei Sportlern, Zuschauern und Anwohnern oft für Unmut gesorgt. Der Leserbeirat nennt die konsequente Umsetzung des Projektes mustergültig.

+ + + Und noch eine Investition wird als Gewinn für die Stadt und die Bürger gesehen: die umfangreiche Modernisierung der Stadthalle, ein Millionen-Projekt.

+ + + Als vielversprechend wird der Umbau der Duisburger Straße in Höhe der künftigen Hochschule eingestuft: „Hier kann eine attraktive Straße mit kleinen Läden und Cafés entstehen.“

- - - Trotz vieler Baustellen, hoher Investitionen – die Verkehrsführung in und zur Innenstadt wird vom Leserbeirat immer noch als negativ empfunden. „Die Durchlässigkeit der Innenstadt ist nach wie vor nicht gegeben.“ Als Zumutung wird an vielen Stellen im Stadtgebiet der Zustand der Straßen empfunden. „Nur geflickt.“

- - - Beim jetzigen Stand bekommt d a s Stadtprojekt „Ruhrbania“ keine gute Note. „Aktuell ist das kein großer Wurf“, urteilt Gerhard Ressing. Insbesondere wird beim Baufeld I kritisiert, dass der Neubau direkt an das historische Rathaus gesetzt wurde. Der Innenhof mit der Rotunde sei kaum wahrzunehmen, von einem netten Innenstadtplatz weit entfernt. Dass das Objekt immer noch nicht komplett vermarktet ist, zeigt aus Sicht des Beirates, dass die potenzielle Kundschaft etwas anderes erwarte. Die Hoffnung ruht nun auf dem zweiten Bau, der im Frühjahr begonnen werden soll.

- - - Groß ist die Unzufriedenheit mit der Kommunikation mit dem Bürger. Gerade die Informationspolitik bei größeren Baumaßnahmen müsste deutlich bessern werden, heißt es. Der aktuelle Fall vom Steinknappen sei ein Beispiel dafür, wie es auf keinen Fall erfolgen sollte. Dort wurden die Anwohner, die unter den Baumaßnahmen an der Straße leiden, unverhofft von neuen Umleitungen überrascht.

- - - Kritik gibt es am Umgang mit der neuen Hochschule. Die Stadt dürfe sich nicht auf dem Erfolg der Ansiedlung ausruhen, mehr Hilfe und Unterstützung für Studenten sei wichtig. Wie die Wirtschaft so plädiert auch der Leserbeirat für eine Art Anlaufstelle innerhalb der Stadtverwaltung, die sich um studentische Belange kümmere. „Doch bevor der erste Student hier seinen Kaffee getrunken hat, hat man ihm eine Zweitwohnungssteuer aufgehalst.“ Kein Verständnis hat der Beirat zudem für Stadtteilpolitiker, die sich gegen ein Studentenwohnheim in Broich wenden.

- - - Beim Schuldenabbau sieht der Beirat keine Fortschritte. Auch fehle vorausschauendes Denken: „Sonst hätte man sich vor Jahren von den Aktien getrennt.“