Mülheim-Styrum. .
Willy Brandt ist seit 22 Jahren tot. Keiner der Jugendlichen, die heute die gleichnamige Mülheimer Gesamtschule besuchen, hat ihn erlebt. Doch der 100. Geburtstag des alten Herrn wird Mitte Dezember mit einer Themenwoche groß gewürdigt, und für fünf Mädchen von der Willy-Brandt-Schule gibt es schon jetzt Grund zum Feiern.
Vanessa Fitz, Dilara Akyüz, Sintia Melar, Jelena Renzler und Leoni Rimkus, allesamt aus der neunten Klasse, belegten bei einem Schülerwettbewerb den zweiten Platz, den die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung im Jubiläumsjahr ausgeschrieben hatte. Unter dem Motto „Brand(t)aktuell“ befassten sich Jugendliche mit dem Leben und Wirken des früheren SPD-Kanzlers. Teilnehmen durften nur Schulen, die Brandts Namen tragen. Neun machten mit, 38 Beiträge gingen ein. Die Mädchen aus Mülheim kamen mit einer szenischen Performance zum Thema „Freiheit“ gut an, bei der auch die jüngsten Proteste in der Türkei aufgegriffen wurden. Das Quintett ist damit seinen Mitschülern schon ein Stück voraus. Vom 13. bis 18. Dezember wird sich im Rahmen einer Projektwoche die gesamte Schule mit ihrem Namensgeber intensiv befassen.
Willy Brandt lebendig halten
„Willy Brandt soll in den Köpfen der Kinder und Jugendlichen lebendig bleiben“, sagt der stellvertretende Schulleiter Mathias Kocks, und dass es durchaus Auffrischungsbedarf gäbe. Immerhin: „An unserer Schule wissen die meisten, dass er mal Bundeskanzler war.“ Weit darüber hinaus geht das Programm, das sich die Lehrer(innen) für die Themenwoche überlegt haben. Fast 40 Projekte stehen klassenübergreifend zur Auswahl, darunter „Willy Brandts Lieblingslieder“, Befragung von Eltern oder Großeltern, Herstellung einer Geburtstagstorte, aber auch folgender Workshop: „Brandt an die Wand - Hassobjekt Willy Brandt“.
In der Jubiläumsreihe sollen verschiedenste Seiten der schillernden Politiker-Persönlichkeit betrachtet werden: „Es geht nicht um eine Glorifizierung“, betont Mathias Kocks, „sondern um eine kritische Auseinandersetzung.“ Zur Krönung der Jubiläumsaktionen ist für den 18. Dezember, Brandts Geburtstag, eine große Schulfeier geplant, und schlussendlich bekommt Mülheim etwas, das die Nachbarstadt Essen schon hat: einen Willy-Brandt-Platz. Getauft werden soll der Freiraum am Ende der Von-der-Tann-Straße, der durch den Bau des neuen Aula-/Mensatraktes entstand.
Einweihung vor den Weihnachtsferien
Festliche Einweihung wird am Mittwoch vor den Weihnachtsferien sein. Die Bezirksvertretung 2 hatte mehrheitlich für den „Willy-Brandt-Platz“ votiert, politische Gegenstimmen gab es aber auch, wie immer bei Brandt.
23 Willy-Brandt-Schulen gibt es nach Angaben der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung deutschlandweit, eine weitere befindet sich beispielsweise in der polnischen Hauptstadt Warschau.
Die Mülheimer Willy-Brandt-Gesamtschule startete nach den Sommerferien 1986 vierzügig mit der fünften Jahrgangsstufe. Bewusst wurde damit im industriell geprägten Stadtteil Styrum erstmals eine Schule eingerichtet, die zum Abitur führt.
Ihr Namensgeber wurde am 18. Dezember 1913 in Lübeck als Herbert Ernst Karl Frahm geboren und starb am 8. Oktober 1992 als Willy Brandt. Von 1957 bis ‘66 war der Sozialdemokrat Regierender Bürgermeister von Berlin, von 1969 bis ‘74 Bundeskanzler.