Mülheim. Seitdem die Kobra 2010 auf der Heimaterde einen Großeinsatz auslöste, muss die Tierrettung der Feuerwehr immer wieder wegen entflohener Tiere ausrücken. Oft sind es heimische Arten, aber die Zahl der exotischen Ausreißer steigt. Die Katze im Baum bleibt noch immer der Renner.

2010 war das Jahr der Schlange: Die Monokel-Kobra namens „Tiffy“ floh in jenem Frühjahr aus ihren Terrarium. Die Suche nach dem giftigen Tier brachte nicht nur ein Großaufgebot von Stadt und Feuerwehr zur Kleiststraße, sondern auch zahlreiche Pressevertreter. Wochenlang machte die Heimaterder Kobra Schlagzeilen – und die Mülheimer scheinbar aufmerksam auf alles, was in der Stadt so kriecht und krabbelt. Seit Trendsetter Tiffy hat es die Feuerwehr häufiger mit solchen „Exoten“ zu tun.

Um es gleich einzuordnen: Die Katze im Baum ist immer noch der Klassiker; ebenso das angefahrene Tier am Straßenrand. Meist sind es Einsätze dieser Art, wenn die Feuerwehr zu „Tierrettung“ gerufen wird. Schlange, Spinne und Co. bleiben die Ausnahme. „Seit 1. Januar hatten wir genau 331 Tiereinsätze“, sagt Feuerwehrsprecher Thorsten Drewes. Wie viele Tiere davon „exotisch“ waren, kann er nicht genau beziffern, sondern nur schätzen: „Vielleicht zwei Prozent.“

Einheimische Schlangen im Ruhrgebiet

Nicht viele also – aber mehr als vor 2010. Jahrzehntelang, berichtet ein Einsatzleiter der Feuerwehr, kam ihm nicht eine einzige Schlange unter. Seit der Monokel-Kobra hatte er mit verschiedenen ihrer Artgenossen zu tun. Gleiches gilt für seine Kollegen. „Die Geschichte mit der Kobra hat die Menschen auf jeden Fall sensibilisiert“, sagt Thorsten Drewes. Seitdem guckt man genauer hin. Dabei sind es oft keine echten Exoten, die die Tierrettung auf den Plan rufen, wie Drewes weiß: „Ringelnattern können durchaus bis zu 1,50 Meter groß werden.“ Und sie sind nicht nur im Ruhrgebiet heimisch, sondern auch ungefährlich. „Das einzige, was passieren kann, ist, dass sie in Panik kotet.“ Das sei zwar ekelhaft, aber mehr auch nicht.

Ebenfalls ein Ruhrpottler ist die Kreuzotter, deren Biss zwar giftig, aber die Giftkonzentration üblicherweise nicht lebensbedrohlich ist. Und dann gibt es noch die Blindschleiche. Aber die, sagt Drewes, „ist eigentlich gar keine Schlange, sondern eine Echse mit zurückgebildeten Beinen“. Man merkt, die Brandbekämpfer haben sich fortgebildet. Zudem haben sie sich ein Netzwerk aufgebaut: Es gibt verschiedene Sachverständige, die sie zu Rate ziehen können. Denn die erste Frage ist immer: Ist das Tier giftig? „Die Eigensicherung“, sagt Drewes, „geht immer vor.“

Diese Frage galt es zuletzt Dienstag zu klären, als eine Kornnatter in Holthausen aus dem Terrarium und unter das Laminat der Nachbarin kroch. „Da wurde die Schlange wenigstens gesehen und wir wussten, wo wir ansetzen mussten“, sagt Drewes. Schlimmer waren da die Babyskorpione, die vor Jahren in einem Hochhaus ebenfalls auf der Heimaterde getürmt waren. „Da hatten wir keine Ahnung, wo sie sind.“ Daran, wie an die Kobra, erinnern sich die Feuerwehrleute genau. Die wahren Exoten vergisst man eben nicht.