Der Start war hoffnungsvoll. Hunderte Bürger machten es 2010 den Spitzenbeamten der Stadtverwaltung nach und brüteten in öffentlichen Versammlungen und im Internet über dem 1000 Seiten starken städtischen Haushalt, vertieften sich in Kostengruppen und Verpflichtungsermächtigungen, strichen in Gedanken dort und änderten hier. 400 Vorschläge gingen ein und über 13000 Bewertungen zu Verwaltungsvorschlägen, die seinerzeit ein Sparvolumen von 60 Millionen Euro abbildeten. Letztlich wurde aus beidem wenig. Die Politik bügelte das Verwaltungskonzept ein, das bei Bäder, Sport und Museen gekürzt hätte, und die Bürgerideen, die die Verwaltung wiederum für machbar hielt, waren noch für gerade mal 300 000 Euro gut. Am Ende des Haushaltsjahres stand ein Loch von 70 Millionen Euro zu Buche.
Gestern präsentierte die Wirklichkeit die Quittung.
Nachdem schon das Haushaltsforum für den Etat 2013 nur noch 42 Bürgervorschläge erbracht hatte, von denen nur ein Drittel überhaupt theoretisches Sparpotenzial enthielt, war die einst gerühmte Partizipation in diesem Jahr bewusst klein angelegt worden. Auf eine Info- oder gar Forenveranstaltung wurde verzichtet, für den gesamten Monat Oktober war dann lediglich ein Online-Portal freigeschaltet. Das Resultat, das gestern dem Hauptausschuss des Rates präsentiert wurde: Zehn Vorschläge, die eher Meinungsäußerungen waren. Sparpotenzial: null. CDU-Fraktionsvize Heiko Hendriks meinte dazu, die offenkundige Ratlosigkeit der Bürger spiegele die Ratlosigkeit, „fast möchte ich sagen: Ohnmacht“ der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker.
Da ist was dran.
Es kommen aber noch zwei Aspekte hinzu, auf die Politikwissenschaftler immer hingewiesen haben. Erstens: Mit ihrem Wehklagen über die katastrophale Haushaltslage geben Kämmerer gleichzeitig das Signal, das Kürzen und Streichen nicht zum Ziel, also zum Haushaltsausgleich führen wird. Mülheims Kämmerer Uwe Bonan hat es sogar ausdrücklich formuliert: „Wir können es nicht aus eigener Kraft schaffen.“
Warum sollte man also bei etwas mitmachen, das sinnlos ist?
Und zweitens: Es heißt zwar, die Städte sparten sich kaputt. In Wahrheit aber geht das städtische Leben, alles in allem, recht unbeschadet weiter. Für 2014 plant Bonan von vornherein mit einem 90-Millionen-Euro-Loch, also einem Defizit griechischen Ausmaßes. Und? Kommt die Troika? Bricht was zusammen?
Nichts bricht zusammen. Es fehlt mithin der Leidensdruck. Vielleicht ist das gut so. Aber dass Bürger unter diesen Umständen ihre Freizeit sinnvoller verbringen, darüber darf sich niemand wundern.