Der lateinische Ausdruck „Saxa loguuntur“, was „Steine sprechen“ heißt, steht auf jeder Windfahne eines Steindruckers. Mit dem wirbelnden Lederlappen am Stiel wird die Oberfläche des Steines mit Zeichnung getrocknet, neuzeitlich gehe so etwas auch mit dem Fön, schmunzelt Imre Vidék. Er ist einer der letzten Experten, der die Kunst des Steindruckes und der Lithografie beherrscht.
Ein Handwerk, in dem 1956 die letzten Meister ausgebildet wurden, und es streng genommen zwei Berufe gab, weiß Vidék: den Steindrucker und den Lithografen. In seinem Atelier an der Zeppelinstraße gibt er auch Kurse und Workshops. Bis das fertige Kunstwerk an die Wand gehängt werden kann, sind es viele Schritte und eine aufwändige Arbeit, die Kraft, Augenmaß, Ausdauer und einen gewissen Perfektionismus einfordert. Allein ein Stein wiegt um die 50 Kilo und mehr, der muss gewuchtet, bewegt und stundenlang unter fließendem Wasser geschliffen werden, „bis er plan“, also ganz glatt ist, dass darauf gezeichnet werden kann und die Farbschichten ein akkurates Bild abgeben. Für eine mehrfarbige Arbeit müssen manchmal fünf Steine handgeschliffen werden. „Bis man einen Stein druckfertig hat, dauert es manchmal Tage“, sagt Videk. Dann folgen auf der Zeichnung immer wieder Schichten Farbe, Fett, Gummi Arabicum, bis die Reiberpresse mit 18 Tonnen Druck auf Papier ein Kunstwerk entstehen lässt. Es ist ein Flachdruckverfahren. Imre Vidék hat aber auch noch eine Walzpresse und andere Geräte im Atelier. Gleich aus mehreren Farbenschichten besteht die Malerei auf Stein von Vera Herzogenrath. Auch Jochen Leyendecker hat sich für einen Dreifarb-Druck für seine Lithografie „Reise“ entschieden. Und Martina M. Deli, Peter Helmke, Joachim Poths, Eberhard Ross und Klaus Urbons haben bei ihren Werken ebenfalls auf das Können und Wissen von Imre Vidék gesetzt. Er selbst hat eine Arbeit zum Thema fliegende Gedanken beigesteuert.
Entstanden ist eine hochwertige Mappe mit den Blättern der acht Künstler in einer 10er-Auflage, also echte Liebhaber- und Sammlerstücke. Damit hatte Vidék schon Ende August begonnen, „eine Wahnsinnsarbeit“. Es war seine Idee, „mit den Kollegen eine gemeinsame Edition zu machen“. Joachim Poths spricht „von einem großen Geschenk“, dass man sich mit dem Druckverfahren einer Technik bedienen könne, die längst vergessen sei. „Was ich gelernt habe“, sagt Peter Helmke, „ist, dass Steindruck sehr viel Zeit braucht und auch neugierig macht.“ Das Problem daran: „Man kann nichts mehr wegradieren.“