Mülheim.

Viele Kinder standen gestern mit ihren Laternen und bewaffnet mit großen Tüten vor dem Tersteegenhaus in der Altstadt. Sie warteten nicht etwa auf St. Martin mit seinem Pferd – sie alle waren gekommen, um sich das große „Chrubbel Chrabbel“ nicht entgehen zu lassen. Ein von vielen Mülheimern fast vergessener St. Martinsbrauch.

Mölmsche Tradition

Bereits seit 1920 organisiert die Mülheimer Bürgergesellschaft Mausefalle die mölmsche Traditionsveranstaltung „Chrubbel Chrabbel“, was auf Hochdeutsch so viel bedeutet, wie „aufklauben“, „einsammeln“. Und zwar in diesem Fall Süßigkeiten. Wiederbelebt wurde der Brauch von Wilhelm Klewer, der Anfang letzten Jahrhunderts der Bürgergesellschaft angehörte. Denn es ist anzunehmen, dass es das Brauchtum schon im 19. Jahrhundert gab, es aber wohl über die Zeit eingeschlafen war.

Ursprünglich fand die mölmsche St. Martinstradition noch an Schulen statt. Auf dem Hof wurden Anhänger voll mit Äpfeln und Nüssen aufgestellt – und aus den Klassenzimmerfenstern wurden Süßigkeiten geworfen. „Damals haben noch viel mehr Kinder daran teilgenommen“, erzählt Bernd Brinkmann von der Bürgergesellschaft Mausefalle. „Da waren Süßigkeiten ja auch noch etwas ganz besonderes.“ Seit den 80er Jahren findet die Veranstaltung nun schon am Tersteegenhaus statt. Denn mit den Jahren kamen immer weniger Kinder und so reicht der Platz am Heimatkundemuseum in der Altstadt völlig aus.

Petrus zeigte Gnade

Trotz des schlechten Wetters waren jedoch viele Familien gekommen und die Begeisterung der Kinder für Süßkram jeder Art war nach wie vor ungebrochen.

Und Petrus zeigte Gnade: Pünktlich zu Beginn von „Chrubbel Chrabbel“ setzte eine Regenpause ein. Doch bevor die Süßigkeiten von der Terrasse des Tersteegenhauses geworfen wurden, haben alle Besucher, ob groß oder klein, zunächst das traditionelle mölmsche „Sinter-Mätes-Leet“ gesungen - das gehört einfach dazu. Dann waren weder die Kinder noch die Werfer der Bürgergesellschaft Mausefalle zu stoppen. Haufenweise Weingummi, Lakritz und Schokolade regnete es über das Geländer der Terrasse und die Jagd war damit eröffnet.

Und am Ende sah man viele zufriedene Kinder, die ihre Beute stolz den Eltern und ihren Mitstreitern präsentierten. Diejenigen, die nicht ganz so viel Glück hatten oder einfach noch zu klein waren, gingen aber nicht leer aus. Denn eines haben alle Kinder verstanden: Beim St. Martinsfest geht es hautsächlich ums Teilen.