In Selbeck wird Geschirr verziert, im Technopark kommen Sprüche auf T-Shirts oder Einkaufsbeutel. Dort sind auch psychisch kranke Menschen tätig.

Rundherum Felder und Vogelgezwitscher, die größte Betriebsstätte der Fliedner Werkstätten liegt in Selbeck, mitten im Grünen. Drinnen herrscht rege Betriebsamkeit, 180 behinderte Menschen arbeiten dort in sechs verschiedenen Bereichen. Doris Berndt ist im Transferdruck tätig, sie verziert Geschirr mit verschiedenen Motiven. Dazu nimmt sie die in der Druckerei gefertigten Abziehbilder, weicht sie in Wasser ein und presst sie fest auf die Tasse. „Das muss unten angelegt werden, damit es schön gerade ist”, erklärt sie, danach streicht sie die Luftbläschen mit einem Schieber heraus.

Doris Berndt sorgt dafür, dass die Zwerge auf die Tassen kommen. Foto: Anja Bäcker
Doris Berndt sorgt dafür, dass die Zwerge auf die Tassen kommen. Foto: Anja Bäcker © Anja Bäcker

„Es gibt einige zusätzliche Hilfsmittel”, erklärt der Betriebsstättenleiter Jürgen Auberg. So dient zum Beispiel eine kleine Spitze auf dem Abziehbild als Anhaltspunkt, sie muss gegenüber dem Henkel angesetzt werden. Etwa 60 Becher beklebt Doris Berndt täglich, schätzt sie. Manchmal sind es auch Teller, Krüge oder Gläser. Einige davon hat die 31-Jährige, die seit sechs Jahren im Transferdruck arbeitet, auch zu Hause, manchmal bekommen Freunde eine Tasse geschenkt.

Bei 820 Grad in den Ofen

Wenn das Bild richtig sitzt, wird der Becher in den Ofen geschoben, bei 820 Grad brennen sich die Motive ein. Vier Stunden dauert das, am nächsten Morgen ist das Geschirr so weit abgekühlt, dass man es herausnehmen kann. Zu den Kunden gehören ein Eisenbahnverein und Eine-Welt-Läden, die ihre eigenen Motive drucken lassen. Besonders beliebt ist ein kleines grünes Männchen, das grimmig dreinblickt: Der Zwerg ziert den „Grummelbecher”, der auch im Online-Shop vertrieben wird. An diesem Tag ist Doris Berndt die Einzige, die Tassen bedruckt, weitere Aufträge fehlen. „Für Werbung wird im Moment nicht so viel Geld ausgegeben”, weiß auch Jürgen Auberg. „Aber wir haben Glück, dass viele Kunden nachbestellen.” Die Mitarbeiter sitzen währenddessen nicht tatenlos herum, sie verpacken CDs, die an ein Unternehmen geliefert werden.

Bedruckt wird nicht nur Geschirr, auch T-Shirts, Pullover und Einkaufsbeutel können mit Sprüchen und Motiven versehen werden. Dafür gibt's eine eigene Abteilung im Siemens-Technopark. Erst im vergangenen Jahr wurde die neue Werkstatt an der Kranbahnallee eröffnet, alles wirkt modern, großzügig und hell. Anders als an den anderen Standorten arbeiten dort auch psychisch kranke Menschen. Dabei sind Diplomingenieure, Designer oder Architekten, die ausgebrannt sind und im Arbeitsleben noch einmal von vorn beginnen.

Ein Logo auf der Walnuss

Rike Vincenz hat vor einem Jahr damit begonnen, T-Shirts zu bedrucken. Zunächst gibt sie den Text in den Computer ein und überträgt das Gedruckte auf Folie. Mit einer Nadel werden die einzelnen Buchstaben herausgelöst. Nun muss der Text noch an die richtige Stelle gebracht werden. Dabei hilft ein Lineal, „wer gut ist, schafft es mit Augenmaß”, weiß die Mitarbeiterin. Sie drückt nur noch einen Knopf, den Rest erledigt die Maschine. Es zischt für ein paar Sekunden, nun sitzt alles. Mit dem Bügeleisen fährt Rike Vincenz noch einmal drüber, zieht die Folie ab, fertig. Eine Falthilfe sorgt dafür, dass kein Knick an der falschen Stelle sitzt. Auf diese Weise bekommen nicht nur T-Shirts ein Logo aufgedruckt, da wird auch schon mal ein Stoffbeutel mit einer ganzen Einkaufsliste versehen – damit der Mann auch nichts vergisst.

Nebenan werden Werbeartikel, vor allem Kugelschreiber, per Laser graviert. „Das klappt am besten mit organischen Materialien”, erklärt der Betriebsstättenleiter Christopher Blümel. Wer möchte, kann also sein Logo auf einer Walnuss verewigen.